Boka

Ausblick auf VfB Stuttgart – Hamburger SV

Letzte Woche gelang dem HSV im eigenen Stadion ein unerhört wichtiger 2:1-Erfolg gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Nürnberger. Dank dieses verdienten Erfolgs im „Überholspiel“ (Slomka) gegen die Clubberer kletterte man nach dem Spiel auf Platz 14 in der Tabelle. Erstmalig seit Wochen hält der HSV also sein Schicksal wieder in eigenen Händen und ist nicht von Ausrutschern der Konkurrenz abhängig. Am morgigen Samstag geht es nun auswärts gegen den unmittelbaren Konkurrenten VfB Stuttgart, bevor am Mittwoch in Hamburg dann das nicht minder wichtige Spiel gegen die gleichfalls abstiegsbedrohten Freiburger folgt. Doch zunächst gilt es, die zwischenzeitlich auf Platz 17 abgerutschten Schwaben auf Distanz zu halten. Aus dieser Formulierung lässt sich schon ersehen, dass sich aus Hamburger Sicht die „psychologische“ Ausgangslage entscheidend verändert hat: Vom Jäger mutierte man zum Gejagten. Es gilt nun, den rettenden Tabellenplatz zu verteidigen und wenn möglich sich noch weiter von den Abstiegsrängen zu entfernen. Was den Spielausgang angeht, so wird viel auch davon abhängen, wie die Mannschaft mit diesem Rollenwechsel in den Köpfen umgeht. Auf dem Abstiegsplatz stehend konnte man, was die mentale Einstellung betrifft, im Grunde nur noch gewinnen. Denn ob man am Ende der Saison dank eines fehlenden Tores oder mit 10 Punkten Differenz absteigt – das würde an der (dann) beschämenden Tatsache, dass man u.U. zu jener Mannschaft gehört(e), die den HSV erstmalig in der Zweitklassigkeit versenkt hat, rein gar nichts ändern. Nach dem Heimsieg haben sich aber die Vorzeichen verändert. Mit 4 (oder mehr) Punkten aus den nächsten beiden Spielen könnte man sich vorentscheidend in Richtung Mittelfeld absetzen. Andererseits könnte man im Misserfolgsfall jedoch erneut auf einen Abstiegsplatz abrutschen. Angesichts des dann folgenden Restprogramms dürfte dem einen oder anderen dann erst Recht Angst und Bange werden.
 
Vor der Partie gegen Stuttgart ist derzeit noch ungewiss, ob Djourou (leichte Zerrung) und Lasogga einsatzfähig sein werden. Da ich bei Djourou noch vorsichtig optimistisch bleibe, gehe ich davon aus, dass Slomka, sofern dies möglich ist, dazu tendiert, zunächst mit derselben Startaufstellung wie gegen Nürnberg zu beginnen:
Mögliche Aufstellung (Variante 1): Adler – Diekmeier, Djourou, Mancienne, Westermann – Calhanoglu, Badelj, Arslan, Ilicevic – van der Vaart – Zoua
 
Theoretisch taktisch denkbar wäre auch, mit dem defensiveren Rincon vor Diekmeier zu beginnen, um die Außenbahn auf dieser  Seite besser abzusichern. Allerdings wären dann umfangreichere Umstellungen die Folge. Wahlweise wäre dann der zuletzt im klaren Aufwärtstrend befindliche Calhanoglu oder der konditionell noch nicht in Bestform befindliche Kapitän van der Vaart das Opfer. Angesichts der letzten Leistungen Hakans wäre dessen Verbannung auf die Bank schwer vermittelbar. Und da Slomka nicht müde wurde, den Stellenwert van der Vaarts zu unterstreichen, dürfte dieser ebenfalls in der Startaufstellung auftauchen. Vermutlich bleibt es also bei der obigen Aufstellung. Ich denke aber, dass Lasogga, selbst wenn er einsatzfähig sein sollte, zunächst auf der Bank platz nehmen wird. Aufgrund seines Trainingsrückstandes und seiner jüngsten muskulären Probleme wird Hamburgs Torjäger wohl eher bei einem Rückstand ins Spiel gebracht, bzw. über einen Kurzeinsatz im Laufe der zweiten Spielhälfte an die volle Wettkampfbelastung herangeführt. Denn eins ist klar: ein wirklich fitter Lasogga könnte für die Hamburger noch zum entscheidenden Trumpf in den folgenden Partien werden.
 
Weniger erfreulich erscheint mir das folgende Szenario (Variante 2), das auf der Annahme eines Ausfalls Djourous basiert:
Adler – Diekmeier, Westermann, Mancienne, Jiracek – Calhanoglu, Badelj, Arslan, Ilicevic – van der Vaart – Zoua
 
Nicht nur die zuletzt ordentlich funktionierende Innenverteidigung sondern auch das ebenfalls sehr ordentliche Gespann Westermann/Ilicevic auf dem linken Flügel würden auseinander gerissen. Jiracek ist gewiss kein Schlechter. Da ich jedoch erwarte, dass der VfB versuchen wird, schnell über außen nach vorne zu kommen, wären mir grundsätzlich möglichst wenige Umstellungen und ein gelernter Verteidiger als Absicherung hinter Ilicevic lieber.
 
Da Huub Stevens erst ein Spiel mit dem VfB absolviert hat, ist schwer einzuschätzen, mit welchem taktischen Konzept er seine Mannschaft operieren lassen wird. Zum Glück für den HSV fällt Harnik  gelbgesperrt aus. Dafür aber stehen Stevens Ibisevic und Cacau zur Verfügung. Und auch die schnellen Traoré (LM) und Boka (LV) könnten für unsere rechte Seite zum Problem werden. Hier wird ganz wichtig sein, dass Calhanoglu und ggf. einer der Sechser Diekmeier defensiv diszipliniert unterstützen. Gerade den offensiv denkenden Calhanoglu und Ilicevic kommen hier m.E. Schlüsselrollen zu. Sie werden das richtige Maß zwischen Ankurbeln der Offensivbemühungen und defensiver Absicherung finden müssen. Vernachlässigen sie ihre Defensivaufgaben, dann kann das aus Sicht des HSVs böse enden… Man darf gespannt sein, ob vor allem Hakan sich auch in dieser Hinsicht als gereift zeigen wird.
 
Eins wird man bei einer Mannschaft, die von Stevens betreut wird, erwarten können: Die Stuttgarter werden um defensive Disziplin und Stabilität bemüht sein. Den HSV erwartet also erneut ein schweres Stück Arbeit. Ich wäre daher im Vorfeld und ohne Kenntnis des konkreten Spielverlaufs durchaus zufrieden, sollte man einen Punkt aus Stuttgart entführen können.
 
Um zur veränderten mentalen Ausgangssituation zurückzukommen: drehen wir es ins Positive! Stuttgart hat definitiv mehr zu verlieren als der HSV. Es gilt also, an die mannschaftliche Geschlossenheit der letzten Spiele anzuknüpfen und vor allem defensiv die Hausaufgaben zu bewältigen. Da alle unsere Offensivspieler, vor allem Ilicevic, Calhanoglu aber auch Zoua zuletzt ansteigende Form nachwiesen, ist man vorne immer für ein Tor (und sei es durch einen Standard) gut. Vor allem taktische Disziplin, Geduld und Einsatzbereitschaft sind also mehr denn je gefragt. Je besser dies gelingt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man am Ende vielleicht sogar einen „Dreier“ aus der Fremde entführen kann. Dies sollte als Ansporn und Herausforderung begriffen und nicht als Bedrohung/Belastung gesehen werden.
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