Borussia Mönchengladbach

Alles wie gehabt und doch anders: Der HSV unterliegt bei Borussia M’gladbach mit 1:0 (1:0)

Wie mich das inzwischen nervt! Der HSV spielt auswärts, schießt wieder kein Tor und geht am Ende einmal mehr als Verlierer vom Platz. Nach dem Abpfiff schleichst Du, der Beobachter, nach Hause, kämpfst erneut mit deiner Frustration und möchtest alles, nur nicht über diesen Fußball schreiben. Jedenfalls dann nicht, wenn man sich ursprünglich einmal vorgenommen hatte, sich damit differenzierend auseinanderzusetzen.

Meine emotionale Verfassung verlangt, das spüre ich von Woche zu Woche deutlicher, zunehmend nach Erlösung und drängt mich, einem kleinen, auf meiner Schulter sitzenden Teufelchen gleichend, zu schärfster Kritik. Mein Verstand und meine eigenen Erfahrungen im Wettkampf-Sport aber raten mir, diesem Verlangen keinesfalls nachzugeben. Zum einen gibt es für meinen Geschmack schon mehr als genug HSV-Foren, in denen grundsätzlich nach Herzens Lust gepöbelt wird, zum anderen wäre damit niemandem gedient. Jedenfalls mir nicht.

Sicher, für einen kurzen Moment verspürte auch ich möglicherweise eine gewisse Erleichterung. Aber am Ende bleibt ohnehin alles, wie es ist. Nichts würde sich tatsächlich zum positiven ändern. Der HSV spielt, wie er eben derzeit spielt. Oder glaubt jemand wirklich, der Mannschaft wäre damit gedient, würde man ihr den Rücken kehren, sie in Blogs und Foren niedermachen, oder sie im Stadion ausbuhen? Ich nicht. Das sind für mich allenfalls Wege, um als Zuschauer mit dem Gefühl eigener Ohnmacht umzugehen. Insofern mag einem solchen Verhalten ein konstruktives Element innewohnen. Für jeden einzelnen persönlich. Der Mannschaft aber, und hier schließe ich das Trainerteam mit ein, wäre damit nicht geholfen. Davon bleibe ich fest überzeugt.

Nach der zumindest defensiv durchaus überzeugenden Leistung des HSV gegen die Bayern gab es keinen Anlass, das Team personell zu verändern. Joe Zinnbauer vertraute also gegen Gladbach auf eine unveränderte Aufstellung:

Drobny – Diekmeier (90. Götz), Djourou, Westermann, Ostrzolek – Behrami, Arslan (79. Rudnevs), N. Müller, Holtby, Stieber (73. Cigerci) – Lasogga

Am Wochenende hatte ich mir zur Einstimmung auf den Auftritt des HSV das Gladbacher Spiel in Köln angesehen. Den Kölnern war es dort gelungen, in der Rückwärtsbewegung schnell hinter den Ball zu kommen. Vor dem eigenen Strafraum verdichteten sie die Räume derart geschickt, dass die Gäste aus Gladbach kaum Möglichkeiten für ihr flexibles Pass- und Kombinationsspiel vorfanden und demzufolge im Spielverlauf auch zu relativ wenig Torchancen kamen. Mit etwas Glück und mehr Konzentration bei ihren Kontern, fand ich,  hätten die Kölner dieses Spiel durchaus gewinnen können. Da auch Zinnbauer dieses Spiel vor Ort verfolgt hatte, war ich gespannt, ob er taktisch ähnlich agieren lassen würde, oder ob er bereits gegen Gladbach damit beginnen würde, jene dominant-offensive Ausrichtung zu verfolgen, die ihm seinen eigenen Worten zufolge mittel und langfristig vorschwebt. Für beides, der Konzentration und weiteren Perfektionierung des Defensivverhaltens des HSV, und der Etablierung des zukünftig vorgesehenen offensiven Konzepts, ließen sich m.E. trifftige Argumente finden.

Spiel: Die Frage nach der taktischen Ausrichtung des HSV ließ sich schnell beantworten. Der HSV begann stark und trat zunächst offensiv und im Stil einer Heimmannschaft auf. Die Gladbacher wurden zunächst durchweg in die Rückwärtsbewegung gedrängt, und der HSV dominierte das Spiel.

Meist waren es Holtby und/oder Lasogga, die ca. 25-30 Meter vor dem gegnerischen Gehäuse den jeweils ballführenden Gladbacher anliefen, um so den Spielaufbau der Gastgeber zu stören, bzw. deren Spiel zu lenken. Da die HSV-Defensive erneut weit genug hinausschob, wodurch die Räume im Mittelfeld ausreichend verengt werden konnten, und man zudem auch giftig in die Zweikämpfe ging, erspielte man sich zunächst ein deutliches optisches Übergewicht.  Bereits in der 12. Spielminute kam man so zur bis dahin vierten Ecke. Die Angriffe der Hamburger liefen zunächst vor allem über den eigenen rechten Flügel, wo Hazard, der sein Startelf-Debüt bei Gladbach gab, und Dominguez zunächst Schwerstarbeit zu verrichten hatten. Wenn es etwas aus Hamburger Sicht zu kritisieren gab, dann, dass sowohl den Flanken aus dem Spiel heraus als auch den Eckstößen die nötige Präzision fehlte.

Dann kam, was einem als leidgeprüften Anhänger des HSV inzwischen sattsam bekannt vorkommt: Eine Flanke segelte in den Strafraum des HSV. Djourou stand schlecht und hatte für einen kurzen Moment Kruse in seinem Rücken aus den Augen verloren. Kruse nahm den Ball volley und scheiterte zunächst am rechten Torpfosten, hatte aber im Nachsetzen keine Mühe, den zurückspringenden Ball im Tor unterzubringen. Das 1:0 für die Borussia (25.) fiel aus bis dahin heiterem Himmel aus Hamburger Sicht. Und plötzlich war es vorbei, mit aller Herrlichkeit – fast, als hätte man dem HSV den sprichwörtlichen Stecker gezogen.

Nur drei Minuten später kam Raffael am Eck des Fünfmeter-Raums vor Drobny zum Abschluss, aber der Tscheche konnte das 2:0 gerade noch verhindern (28.).

Die Abstände zwischen den Kettengliedern der Hamburger wurden nun größer, und den Gladbacher gelang es zunehmend besser, sich dem Hamburger Pressingdruck zu entziehen. Bekanntlich ist Favre ein Anhänger des gepflegten Flachpasses. Und nun sah man, wie sich seine Mannschaft durch zwei, drei kontrollierte Pässe aus Drucksituationen befreite, um dann das Spiel mit einem raumgreifenden Zuspiel auf die jeweils freie Seite des Feldes zu verlagern. Hahn, Kruse und Raffael sind bekanntlich schnell, flexibel und technisch stark. Einmal (meist auf der Außenbahn) von ihren Kollegen frei gespielt, brachten sie die Abwehr des HSV zunehmend in Bedrängnis. So hatte auch Hahn in der 32. Minute auf Flanke von Kruse die Möglichkeit, die Gladbacher Führung weiter auszubauen, aber sein Kopfball verfehlte das Hamburger Tor.

Die beste Tor-Chance der ersten Spielhälfte für den HSV hatte wohl Stieber (39.), den ein langes Zuspiel von Holtby erreichte, der aber viel zu lange mit dem Abschluss zögerte. Auf dem vom Dauerregen nassen Rasen hätte er m.E. sofort von der Strafraumgrenze abschließen müssen. So konnte die Gladbacher Abwehr  diese Chance vereiteln.

Ich erspare mir (und Euch) eine detaillierte Nacherzählung der zweiten Spielhälfte. Gladbach hatte durchaus noch weitere, gute Möglichkeiten (u.a. 50. Kruse; 61. Raffael; 86. Hermann), um ein weiteres Tor zu erzielen und den Sieg damit letztlich ungefährdet nach Hause zu fahren. Der Treffer wollte ihnen jedoch nicht gelingen, sodass sie dann doch bis zum Schluss um die drei Punkte ein wenig bangen mussten.

Dem HSV fehlte es mit zunehmender Spielzeit an Tempo und Präzision, um eigene erfolgversprechende Tor-Chancen erspielen zu können. Oft wurde umständlich hinten herum gespielt, was zwar die Gefahr eines eigenen Ballverlustes in der Vorwärtsbewegung minimierte, aber den Gladbachern eben auch ausreichend Zeit verschaffte, die eigenen Reihen zu ordnen. Dies führte dann dazu, dass der HSV kaum noch Lücken im Defensivverbund des Gegners vorfand.

Ein anderes Manko waren viel zu viele unpräzise Pässe der Hamburger, die von den Gastgebern vor allem in der zweiten Spielhälfte mühelos abgefangen werden konnten. Hier sah man m.E., dass das Spielverständnis untereinander auf Hamburger Seite noch stark verbesserungswürdig ist. Gelungene Kombinationen? Fehlanzeige.

Und wenn spielerisch nichts geht, auch das kennt man inzwischen als HSV-Anhänger zur Genüge, dann kommen die hohen, langen Bälle, mit denen man Lasogga zu erreichen versucht. Leider ist Lasogga zur Zeit der einzige, der zumindest theoretisch Torgefahr ausstrahlt. Das ist dann relativ leicht für jede Abwehr zu verteidigen, zumal sich Lasogga bekanntlich unverändert nicht in Bestform befindet, befinden kann. Erfolgreiche Pässe in die Schnittstellen der gegnerischen Abwehrkette, insbesondere aus dem Halbfeld, suchte man aus Hamburger Sicht meist vergebens. Vor allem auch von Arslan, das zeigt seine saisonübergeifende Statistik, muss (und wird hoffentlich!) einfach mehr kommen – zumal wenn Holtby situativ auf den Flügel ausweicht.

Beinahe wäre der HSV, dies soll nicht unterschlagen werden, durch den eingewechselten Rudnevs doch noch zum Ausgleich gekommen. Rudnevs blockte in der Nachspielzeit einen Passversuch der Gladbacher Abwehr und konnte in den Strafraum eindringen. Da der Ball aber aufsprang, konnte sein Schussversuch im letzten Moment von Jaschke (?) Xhaka ebenfalls geblockt werden.

Am Ende ist noch festzuhalten, dass Zinnbauer nach Steinmann (gegen Bayern) nun auch Cigerci und Götz zu ersten Bundesligaminuten verhalf.

Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach). Ein, zwei zweifelhafte Abseitsentscheidungen. Ansonsten befriedigend.

Fazit: Der HSV begann stark, verlor aber am Ende verdient, da man nach 25 Minuten das Fußballspielen (mit Betonung auf spielen) zunehmend einstellte.

Das veränderte taktische Konzept Zinnbauers, u.a. Pressing, aggressive Zweikampfführung und Verschiebung der Mannschaftsteile,  war erneut zu sehen. Unverändert fehlt es aber in der Vorwärtsbewegung und bei eigenem Ballbesitz an stabilen Lösungen.

Der HSV muss sich vorwerfen lassen, dass er  aus seiner Drangphase zu Beginn der Partie nichts Zählbares mitnehmen konnte.

Nach dem Rückstand verlor die Mannschaft aus meiner Sicht ein wenig den Faden. Die Eingespieltheit des favre’schen Spielkonzepts erwies sich gegen den noch relativ frischen, neuen Ansatz Zinnbauers als überlegen.

Es bleibt zu hoffen, dass es Zinnbauer gelingt, der Mannschaft auch offensiv Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen (Zum Teil wird sich manches aber auch in dem Maße verbessern, in dem die Integration der neuen Spieler auf Seiten der Hamburger fortschreitet.). Desweiteren wäre zu hoffen, dass es der Mannschaft  gelingt, mal mit einem „dreckigen“ Tor in Führung zu gehen.

Wer gehofft hat, dass mit Zinnbauer ein Messias in Hamburg vom Himmel gefallen ist, der die zahlreichen Defizite quasi über Nacht abstellen kann, dürfte sich nun eines besseren belehrt sehen.

Natürlich wäre es schön, wenn es gelänge, ein ganzes Spiel ohne Defensiv-Fehler (Djourou) zu bestreiten. Aber gänzlich wird sich dies auf Dauer nie erreichen lassen. So bleibt für mich derzeit das Hauptübel, dass dem HSV ohne einen Lasogga in Bestform unverändert fast jede Torgefährlichkeit abgeht. Einmal in Ballbesitz gehen der Mannschaft die Bälle viel zu leicht verloren, ohne dass daraus Konstruktives entsteht.

Ich würde mir wünschen, dass man den Prozess, in dem sich die Mannschaft m.E. derzeit befindet, weiter unterstützt, selbst wenn es auch gegen Frankfurt noch nicht zu einem Sieg reichen sollte. Und auch wenn es, ich schrieb dies ja bereits eingangs, zunehmend eine arge Geduldsprobe wird. Entscheidend ist zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison, das generell Fortschritte zu erkennen sind. Und Letztere konnte man in Gladbach erkennen, wenn auch (stabil) leider nur für eine knappe halbe Stunde. Der Misserfolg bleibt also dem HSV treu, und dennoch meine ich Ansätze zu positiven Veränderungen erkennen zu können.

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Vorentscheidung im Abstiegskampf? – Borussia M’gladbach – HSV 3:1 (1:1)

Aufstellung: Adler – Diekmeier (83. Jiracek), Djourou, Mancienne, Westermann – Zoua, Rincon, Arslan (83. Tesche), Calhanoglu – van der Vaart – Lasogga (46. John)

Schiedsrichter: Kinhöfer. Sprach viel mit den Spielern, um die Gemüter zu beruhigen. Gute Anwendung der Vorteilsregel. Fiel auch nicht auf diverse Schwalbenversuche herein. Lag nur mit der gelben Karte für Mancienne (65.) falsch.

Spielbericht: HSV-Trainer Mirko Slomka ließ seine Mannschaft zu Beginn in einem 4-4-1-1 auflaufen. Rincon ersetzte wie erwartet den gesperrten Badelj und agierte als defensiverer Sechser. Dafür übernahm Arslan die Rolle des Spielmachers aus dem Mittelfeld. Calhanoglu (für den verletzten Ilicevic; links) und Zoua (rechts) besetzten die offensiven Außenbahnen.
Das Spiel begann zunächst verhalten. Die Gastgeber bauten ihr Spiel sehr bedächtig auf, was dem HSV ausreichend Zeit bot, um sich mit zwei Viererketten auf die Angriffsbemühungen des Gegners einzustellen.
In der 7. Spielminute setzte Zoua im Strafraum der Gladbacher spektakulär zu einem Fallrückzieher an, verfehlte jedoch den Ball. Da ein Gladbacher unmittelbar in der Bähe stand und zudem von Zoua leicht getroffen wurde, entschied Schiedsrichter Kinhöfer völlig korrekt auf „gefährliches Spiel“ und pfiff die Aktion ab. Beim Betrachten der Szene dachte ich mir: das versucht nur einer, der unbedingt will – der hat heute Selbstvertrauen…
Ansonsten erfreuten die ersten 20 Minuten vermutlich nur Trainer und Taktik-Freunde. Aus Fan-Sicht sah das Spiel zunächst mehr noch Sommerfußball aus. Wenig Tempo, wenig Aktionen in Tornähe. Immerhin kam der HSV gut in das Spiel und übernahm mit fortschreitender  Spielzeit zunehmend das Kommando.
In 28. Minute foulte Hermann den sehr aktiven Calhanoglu im linken Halbfeld der Gladbacher Hälfte. Hakan flankte den Freistoß perfekt vor das Tor der Gastgeber, wo Zoua sich entscheidend von seinem Bewacher absetzen konnte und den Ball mühelos aus kurzer Distanz ins Tor der Gladbacher köpfte. Ter Stegen war chancenlos – 0:1 für den HSV.
Kurz darauf hatte der HSV sogar die große Chance, seine Führung weiter auszubauen. Leider verfehlte der schulbuchmäßige Kopfball (32.) von Kapitän van der Vaart knapp das Tor und ging am linken Pfosten vorbei ins Toraus. 30 cm weiter rechts und Gladbachs Torhüter wäre erneut chancenlos gewesen. Hätte, hätte, Fahrradkette – es blieb beim o:1.
In der 36. Minute segelte ein Eckstoß der Gladbacher durch den Strafraum des Hamburger Sportvereins. Mancienne, der zuvor nach dem Ball gesprungen war und daher die Arme gehoben hatte, nahm diese nicht herunter. So kam, was kommen musste, wenn man unten drin steht: Michael wurde durch einen Gladbacher Flankenversuch an der Hand getroffen. Folgerichtig gab es einen Strafstoß für die Hausherren. Nach alter Regelauslegung hätte man m.E. durchaus über die Berechtigung streiten können, da der Schuss aus relativer Nähe kam und Mancienne keine aktive Handbewegung zum Ball machte. Nach neuer Auslegung jedoch vergrößerte er eindeutig und „unnatürlich“ seine Körperfläche, sodass die Entscheidung vollkommen richtig war.
Daems schoss den folgenden Elfmeter schlecht (flach in die Mitte), wo der einmal mehr großartig aufgelegte Adler, der lange stehen blieb, um dann ins linke Eck (vom Schützen gesehen) abzutauchen, den Ball zunächst noch mit den Beinen abwehren konnte. Leider, es kommt halt alles zusammen, fiel der Ball Daems direkt vor die Füße, der daher keinerlei Mühe hatte, den Ball im Nachschuss aus kürzester Distanz im Tor des HSVs unterzubringen: 1:1.
In der 42. Minute stand erneut Mancienne im Fokus der Aufmerksamkeit. Er versuchte bei einem langen Ball der Gladbacher auf Abseits zu stellen und machte ein Paar Schritte nach vorne. In die dadurch vergrößerte Schnittstelle zwischen ihm und Djourou startete Arango und lief völlig allein und zentral in Richtung des Hamburger Tores. Einmal mehr bewies dort jedoch Adler seine Klasse im 1:1 und konnte den folgenden Schuss abwehren. Glück für den HSV, denn das hätte die Führung für die Hausherren sein müssen! Nach der folgenden Ecke (43.) für die Gastgeber kam erneut ein Gladbacher am kurzen Pfosten zum Kopfball, den Adler jedoch ebenfalls, wenn auch mit Mühe, parieren konnte. So blieb es beim 1:1-Unentschieden zur Pause. Zu diesem aus Sicht eines Hamburgers höchst ärgerlich, da man bis zum Strafstoß das Spiel im Grunde gut im Griff hatte und die Gladbacher durch einen individuellen Fehler erst wieder ins Spiel zurück gebracht wurden.

Zur Halbzeit dann die nächste Hiobsbotschaft für die Hamburger: Hoffnungsträger Lasogga musste erneut mit muskulären Problemen aus dem Spiel genommen werden und blieb in der Kabine. John besetzte nun die rechte Außenbahn und Zoua rückte von dort in die Sturmspitze.

Zu Beginn der zweiten Hälfte zeiget sich rasch, warum John allenfalls Notnagel beim HSV ist. Schon bei einer seiner ersten Ballberührungen sprang ihm der 5 Meter vom Fuß und ging verloren. Auch in der Folge wirkte er auf mich wie ein überforderter A-Jugendlicher, der irrtümlich im Seniorenbereich eingesetzt wird. Keine klaren Aktionen, keine Bindung und oft mehr Zuschauer als Akteur.
In der 54. Minute hatte Kruse zentral vor Adler freie Schussbahn, doch Hamburgs Torhüter konnte auch diesen Ball noch entschärfen.
In der 61. Spielminute bot sich den Hamburger eine große Konterchance, aber der letzte Pass (von Rincon?) zu Zoua war viel zu ungenau. Schade!
Dann kam die 73. Minute und eine weitere Großchance für die Borussia, doch die Hamburger Abwehr konnte im letzten Moment und mit vereinten Kräften Gladbachs Raffael im 5-Meter-Raum stoppen. Die Hausherren verschärften nun das Tempo und so nahm der Druck auf die Abwehr der Gäste stetig zu. Zwei Minuten später war es dann so weit: Ein Flanke vom rechten Flügel legte sich Kruse mit der Brust entgegen der Laufrichtung von Djourou vor. Dadurch öffnete sich die Schnittstelle zwischen Hamburgs Innenverteidigung. Kruse lupfte den Ball auf den einlaufenden Raffael, der nun keine Mühe hatte, Adler zu überwinden: 2:1 für M’Gladbach.
Drei Minuten später der nächste Nackenschlag für die Hamburger: Eine von Kruse von rechts geschossene Ecke fand Dominguez mutterseelenallein am langen Pfosten. Der am Pfosten postierte John schaute nur zu, und so hatte Dominguez keine Mühe mit dem erfolgreiche Abschluss. Das 3:1 in der 78. Minute.
Slomka reagierte auf den 2-Tore-Rückstand in der 82. Spielminute und nahm Diekmeier und Arslan aus dem Spiel. Es kamen Jiracek und Tesche. Die damit einhergehenden Umstellungen schienen sich auszuzahlen. Jiracek setzte sich am linken Flügel durch und spielte auf van der Vaart. Leider drosch der Niederländer den Ball aus aussichtsreicher Position deutlich über das Tor der Hausherren (84.). Ein van der Vaart in Bestform hätte daraus ein Tor gemacht… Zwei Minuten später galt es, zwei weitere Torchancen für den HSV zu notieren. Erst scheiterte Zoua aus 7 Metern an ter Stegen. Kurz darauf wurde ein strammer Schuss von dem nach innen ziehenden Calhanoglu leider von einem Galdbacher Bein über das Tor abgefälscht (85.). Der HSV zeigte trotz Verletzungspech und Rückstand auch in der Endphase der Partie eine gute Moral, und so war es erneut Calhanoglu, der mit einem sehenswerten Fernschuss auf den kurzen Pfosten ter Stegen prüfte. Leider hatten aber nicht nur die Hamburger einen sehr guten Torhüter an diesem Tag. Es blieb also am Ende bei der 3:1-Niederlage für den HSV.

Fazit: Ein weiterer bitterer Rückschlag für den HSV im Kampf um den Klassenerhalt. Der Sieg der Gladbacher ist nicht unverdient, auch wenn für den HSV mindestens ein Punktgewinn möglich gewesen wäre. Die Hamburger Mannschaft hat erneut eine ordentliche Leistung abgeliefert. Adler, Arslan und der sichtlich um Wiedergutmachung bemühte Calhanoglu ragten auf Hamburger Seite heraus. Djourou dieses Mal der stärkere der beiden Innverteidiger. Lobenswert dennoch, dass sich Mancienne durch zwei kapitale Fehler nicht völlig aus dem Spiel bringen ließ und in der zweiten Hälfte weitgehend fehlerlos blieb. Zoua mit ansteigender Form und erneut fleißig. Endlich wurde er auch mal mit einem Tor belohnt.
Unbestreitbar schwinden aus Hamburger Sicht die Hoffnungen auf den Klassenerhalt. Vor allem der erneute Ausfall Lasoggas wiegt schwer (Slomka deutete an, dass Lasogga im nächsten Spiel gegen Leverkusen fehlen könnte). Viele werden den HSV nun mit Blick auf die wenigen verbleibenden Partien und die dort wartenden Gegner abschreiben – ich nicht! Zwar ist die Mannschaft erneut auf einen direkten Abstegsplatz (17.) zurückgefallen, jedoch trennt uns gerade mal ein Törchen von den Stuttgartern, die derzeit auf dem Relegationsplatz stehen. Wer meint, der Abstieg sei nunmehr unvermeidbar, der lässt sich von seiner Enttäuschung leiten. Das ist absolut verständlich und nachvollziehbar, allein die Tatsachen sprechen m.E. eine andere Sprache. Betrachtet man allein die Tabelle, so könnte man bereits mit einem einzigen Erfolg u.U. erneut auf den sicheren Platz 15 springen. Wer meint, dies sei nicht möglich, der sei gefragt, wie oft er bei Ergebnistipps im Fußball falsch gelegen hat. Sicher ist gar nichts! Dass es in dieser Spielzeit ganz eng für den Dino werden würde,  das wusste vermutlich jeder auch schon vor der Partie. Und daran hat sich nach dieser Niederlage im Grunde gar nichts geändert. Natürlich wäre mir ein Erfolg in Gladbach lieber gewesen. Ich meine jedoch, dass es für den HSV durchaus vorteilhaft sein könnte, wenn er aus der Verfolgerrolle agiert, anstatt Platz 15 verteidigen zu müssen. Wer etwas verteidigt, der hat etwas zu verlieren. Da können einem die Nerven schon mal den entscheidenden Streich spielen. Wer „von hinten kommt“, der kann im Grunde nur noch gewinnen. So gesehen würde es mir reichen, wenn der HSV erst im letzten Moment den entscheidenden Schritt macht. Auch die Moral der Mannschaft erscheint absolut intakt. Das zeigte dieses Spiel. Die grundsätzliche Leistungsentwicklung diverser Spieler unter Slomka, vor allem von Adler, Mancienne, Djourou, Arslan, Calhanoglu und Zoua, ist positiv. Auch Jiracek und Tesche erscheinen als vollwertige Alternativen. Problematisch ist der erneute Ausfall Lasoggas zweifellos, zumal sich John als einzig verbleidende nominelle Offensiv-Alternative einmal mehr nicht empfehlen konnte. Doch ich vertraue hier Slomka, dass er die entsprechenden Schlüsse aus der Personallage ziehen wird. Gerade im Abstiegskampf ist der Kopf entscheidend. Der Trainer des HSVs macht auch hier aus meiner Sicht großartige Arbeit. Die Auseinandersetzung zwischen Nürnbergs Verbeek und Freiburgs Streichs zeigt doch, dass auch andernorts die Nerven blank liegen. Auch die Konkurrenten stehen enorm unter Druck und müssen ihre Punkte ebenfalls erst einmal sammeln. Auch wenn die Lage entmutigend erscheint, so ist objektiv nichts verloren. Zur Not böte die Relegation eine weitere Chance zum Klassenverbleib. Ich habe sowohl als aktiver Sportler als auch als Trainer schon viele Situationen erlebt, in denen die Lage deutlich hoffnungsloser erschien, und in denen am Ende doch der vermeintlich chancenlose Außenseiter, gerade wenn er „von hinten“ kam, triumphierte.
Wer nur das Negative sieht, der demotiviert sich selbst und muss im Grunde gar nicht zum Wettkampf antreten. Die negative Denke schützt nicht vor dem Misserfolg, sondern erzeugt ihn geradezu. Ein Teufelskreis. Es existiert jedoch dazu auch ein gegensätzliches Phänomen. Nennen wir ihn der einfachheithalber Engelskreis. Mit einer positiven Einstellung sammelt man Erfolgserlebnisse, die wiederum motivieren und damit leistungsfördend sind. Glauben wir also weiter unbeirrt trotz allem an unsere Chance! Objektiv gibt es sie. Es liegt an uns, ob wir sie nutzen.

+++ Ergänzung: einige Hamburger meinten leider, sie müssten erneut Pyros abfackeln. Meine Meinung: wer immer noch nicht begriffen hat, dass diese Dinger gefährlich sind, wer zudem nicht begriffen hat, dass die finanzielle Lage des HSVs äußerst angespannt ist und der Verein kein Geld hat, um für  kriminellen Unfug zu zahlen, der ist ein Schwachkopf, kein Fan! +++

Nachstehend findet Ihr das Restprogramm der abstiegsgefährdeten Mannschaften. Keine Frage, es wird eng, ganz eng für den HSV. Mein Tipp: Hannover 96, VfB Stuttgart und der HSV spielen um die Plätze 15 bis 17. Und am Ende könnte das Torverhältnis zwischen Klassenverbleib (15. Platz), Relegationsplatz (16.) und dem direkten Abstieg (17. und 18.) entscheiden.

DAS RESTPROGRAMM:

13. Hannover 96 (29 Pkt; -15):
Eintracht Braunschweig (A)
Hamburger SV (H)
Eintracht Frankfurt (A)
VfB Stuttgart (H)
1. FC Nürnberg (A)
SC Freiburg (H)

14. SC Freiburg  (29 Pkt; -17):
VfB Stuttgart (A)
Eintracht Braunschweig (H)
Borussia M’Gladbach (H)
VfL Wolfsburg (A)
FC Schalke 04 (H)
Hannover 96 (A)

15. 1. FC Nürnberg (26 Pkt; -18):
Borussia M’Gladbach (H)
VfL Wolfsburg (A)
Bayer Leverkusen (H)
1. FSV Mainz 05 (A)
Hannover 96 (H)
FC Schalke 04 (A)

16. VfB Stuttgart (24 Pkt; -15):
SC Freiburg (H)
Borussia M’Gladbach (A)
Schalke 04 (H)
Hannover 96 (A)
VfL Wolfsburg (H)
Bayern München (A)

17. HSV (24 Pkt; -16):
Bayer Leverkusen (H)
Hannover 96
VfL Wolfburg (H)
FC Augsburg (A)
Bayern München (H)
1. FSV Mainz 05 (A)

18. Eintracht Braunschweig (22 Pkt; -25):
Hannover 96 (H)
SC Freiburg (A)
Bayern München (H)
Hertha BSC (A)
FC Augsburg (H)
1899 Hoffenheim (A)