Anknüpfend an meinen letzten Beitrag möchte ich nun versuchen, einige Leitsätze zu formulieren, die der Vereinskultur des Hamburger Sportvereins zukünftig eine schärfere Kontur verleihen sollen. Das war jedenfalls mein ambitionierter Masterplan. Man mag einwenden, dass sich die dort festgehaltenen Aussagen mindestens zum Teil bereits aus der Satzung des Vereins ergeben. Gleichwohl denke ich, dass der Inhalt der Sätze als ein Destillat greifbarer, einprägsamer und damit richtungsweisender sein kann. Ausdrücklich sei erneut betont, dass es sich lediglich um Vorschläge handelt. Die Vergangenheit, und hier meine ich vor allem die letzten drei, vier Jahre haben meiner Auffassung nach deutlich(st) aufgezeigt, dass eine weitere inhaltliche Debatte über das, was die Buchstaben HSV zukünftig bedeuten könnten sollen, geführt werden muss und keineswegs als abgeschlossen zu betrachten ist.
Wenn ich die Kommentare richtig verstehe, dann sollten die Leitsätze eine Reihe von Themenfeldern abdecken. Als da vor allem wären: Breitensport, Leistungssport, die besondere Rolle des Profifußballs, die Talentförderung, den wirtschaftlichen Bereich, die Gremien und die Außenwirkung. Wer Korrekturen oder Ergänzungen für notwendig hält – immer her damit! Unabhängig von den Fehlentwicklungen und -leistungen der jüngeren Vergangenheit meine ich, dass der HSV als Hamburger Verein sich auf seine hanseatischen Wurzeln besinnen sollte. Dazu gehören für mich Liberalität, Weltoffenheit, Seriösität, aber eben auch Exzellenz (nicht nur aber auch im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr). Mit meinem Debattenbeitrag versuche ich also auch dieses Hanseatische bewusst zu beleben.
Hier also meine Vorschläge:
1. Der Hamburger Sportverein ist ein Universalsportverein, der bestrebt ist, seinen Mitgliedern die Ausübung von Breiten- und Leistungssport anzubieten. Als Verein aus Deutschland ist die Vereinssprache Deutsch. Sofern Angestellte des Vereins eine andere Muttersprache haben, müssen sie, sofern dies für ihre jeweiligen Aufgaben nötig erscheint, binnen einer angemessener Frist die deutsche Sprache in Wort und Schrift nachweisbar angemessen beherrschen;
2. Der Verein steht grundätzlich jedem Menschen gleich welcher Hautfarbe, Religion oder weltanschaulicher Auffassung offen. Jegliche Formen des politischen Extremismus, der sozialen Stigmatisierung oder Diskriminierung werden vom Verein jedoch aktiv bekämpft;
3. Im HSV begegnen sich Angestellte, Mitglieder, Fans, sportliche Gegner und Gäste stets mit Respekt, Fairness und Wertschätzung. Der Verein ist stolz auf seine Tradition der demokratischen Mitbestimmung durch seine Mitglieder. Diese sind grundsätzlich und in allen Fragen oberster Souverän des Vereins;
4. Im Bereich aller wirtschaftlichen Aktivitäten des Vereins gilt das Primat des nachhaltigen Wirtschaftens. Grundsätzlich sollten alle Abteilungen im Verein ihre Kosten aus eigenen Mitteln, bzw. anteilig aufgrund ihrer Abteilungsmitglieder tragen können. Ausgenommen von dieser Regel bleibt der Bereich Leistungssport, sofern dies aus übergeordneten Gründen sinnvoll erscheint. Abbau von Verbindlichkeiten und infrastrukturelle Investitionen zur Gewährleistung bester Ausbildungs- Trainings- und Wettkampfbedingungen haben im Zweifel stets Vorrang vor allen anderen Investitionen;
5. Der Verein ist sich der überregionalen und daher gesondert zu betrachtenden Bedeutung seiner Fußballlizenzspieler-Abteilung auch für das Ansehen der Marke HSV bewusst. Insbesondere ist ihm bewusst, dass Profifußball den Bedingungen schärfsten Wettbewerbs, sportlich wie wirtschaftlich, unterliegt. Der HSV strebt nach größtmöglichen sportlichen Erfolg und ist bestrebt, die dafür notwendigen finanziellen Mittel grundsätzlich bereit zu stellen. Aufgrund der enormen wirtschaftlichen Risiken obligen etwaige Entscheidungen in diesem Bereich jedoch ausschließlich Personen, die eine einschlägige Qualifikation hinreichend glaubhaft machen können;
6. Als Hamburger Verein bemüht sich der HSV vorrangig um Talente aus Norddeutschland und den angrenzenden Nationalstaaten (Skandinavien, Benelux, Polen). Talentförderung hat als anzustrebendes Ziel einen durchweg hohen Stellenwert. Der Verein ist daher grundsätzlich bestrebt, ausschließlich Trainer (z.B. Fußball-Lehrer) und Betreuer mit jeweils höchster nachweisbarer, fachlicher Qualifikation zu beschäftigen. Dies gilt ausdrücklich auch für den Nachwuchsbereich in allen Altersstufen;
7. In allen Führungsgremien soll ein sachlich angemessenes Verhältnis notwendiger Kompetenzen (z.B. Wirtschaft und Sport) erreicht werden, bzw. stets gewährleistet sein. Entsprechende fachliche Qualifikationen sind auf geeignetem Wege nachzuweisen. Grundsätzlich ist der Verein bestrebt, fachliche Exzellenz in all seinen Bereichen zu erreichen;
8. Soweit es sportliche Fragen betrifft, so obliegt es grundsätzlich allein der jeweiligen sportlichen Leitung, diese zu formulieren und nach außen zu kommunizieren. Der Verein gibt jeweils ein sportliches Konzept vor, das personenunabhängig kontinuierlich zu verfolgen ist. Sofern personelle Umbesetzungen notwendig erscheinen, muss die Kontinuität bei der Verfolgung des Konzepts aufrecht erhalten werden;
9. Der Hamburger Sportverein ist ein souveräner Verein. Der Vorstand vertritt durch seinen Vorsitzenden in allgemeinen Fragen den Verein nach außen. Der Mediendirektor ist im Bedarfsfall ausdrücklich legitimiert, eigenverantwortlich die Sichtweise des Vereins proaktiv nach außen zu vertreten. Zwischen Vorstand und Medienabteilung werden Inhalte fortlaufend abgestimmt und dann mit einheitlicher Sprachregelung in der Öffentlichkeit kommuniziert;
10. Der Aufsichtsrat ist ein wirtschaftliches Kontrollorgan. In der Öffentlichkeit wird er ausschließlich durch seinen jeweiligen Vorsitzenden vertreten. Dieser äußert sich in seiner Funktion dort allein zu Fragen, die tatsächlich in den Zuständigkeitsbereich des von ihm geleiteten Gremiums fallen.
Was meint Ihr zu diesen Leitsätzen? Erfüllen sie überhaupt den von mir angedachten Zweck, nämlich dem Bild des HSVs zukünftig eine schärfere Kontur zu verleihen? Sind sie vielleicht sogar gänzlich überflüssig – zumindest für den Fall, dass HSVPlus am 25. Mai beschlossen werden sollte? Fehlt etwas Wesentliches, oder haltet Ihr nur bestimmte Punkte für verzichtbar? Könnt Ihr euch mit einem solchen HSV, wie er hier formelhaft beschrieben wird, identifizieren? Ich bin gespannt auf Eure Kommentare.