Lasogga

Der HSV spielt gegen Ingolstadt wie ein Absteiger

Hamburger SV – FC Ingolstadt 04 0:3 (0:1)

Nach den zuletzt enttäuschenden Leistungen hatte der HSV vor der Partie gegen den FC Ingolstadt 04 kurzfristig ein Trainingslager bezogen. Da Holtby unlängst aus bekannten Gründen suspendiert wurde, Aaron Hunt aufgrund von Rückenproblemen erneut ausfiel, und Gideon Jung zuletzt formschwach auftrat, kam die Rückkehr von Sakai ins Team für mich wenig überraschend. Auch mit der Nominierung von Wintzheimer konnte man grundsätzlich rechnen, da HSV-Trainer Wolf unlängst ungewöhnlich offen unbefriedigende Trainigsleistungen und nachlassende Laufleistungen einiger Spieler öffentlich kritisiert hatte, was nicht zuletzt auch Lasogga gegolten hat, wie man hörte. Einigermaßend überraschend hatte sich Jann-Fiete Arp im Trainingslager offenbar zumindest für einen Platz auf der Ersatzbank empfehlen können. Das Sturmtalent war vor Wochen ebenfalls aufgrund mangelnden Trainingseifers zur U21 abgeschoben worden und kehrte nun erstmals wieder in den Kader zurück. er sollte jdoch ohne Einsatz bleiben.

HSV-Trainer Wolf nominierte für das so wichtige Heimspiel gegen den FC Ingolstadt 04 die folgende Startelf: Pollersbeck – Sakai (63. Vagnoman) , Lacroix, van Drongelen, Douglas Santos – Narey, Mangala (78. Janjicic), Özcan, Jatta – Wintzheimer, Hwang (63. Lasogga)

In der taktischen Ausrichtung ergab sich auf dem Papier aus Sicht des HSV ein 4-4-2 mit Witzheimer und Hwang als Doppelspitze. Im Verlauf der ersten Halbzeit war jedoch bereits zu sehen, dass sich Hwang oft ins Mittelfeld fallen ließ, auch weil wie bereits leider gewohnt das Anspiel der beiden Stürmer aus dem Mittelfeld überhaupt nicht funktionierte. Mangala sicherte meist das defensiven Mittelfeld, sodass das 4-4-2 in der ersten Halbzeit oft in ein 4-1-4-1 überführt wurde. Die Gäste aus Ingolstadt agierten ihrerseits in einem 4-4-2, bzw. in einem 4-3-3 sobald Pledl nach vorne rückte. Dabei störten sie von Anpfiff an zunächst konsequent das bekanntlich fehleranfällige Aufbauspiel des HSV und sorgten für erste Anzeichen für Nervosität und Unruhe in der Mannschaft der Gastgeber. Besonders der zuletzt von mir gelobte Lacroix zeigte schon in den ersten Minuten erste Anzeichen grober Schwächen als ihn sein Gegenspieler mit einer simplen Körpertäuschung aus dem Spiel nehmen konnte, was allerdings noch folgenlos blieb. Wenige Minuten später, in der 8. Minute, trat er sehr hoch ins Mittelfeld aufgerückt über den Ball. Da in der Situation van Drongelen ebenfalls hoch aufgerückt war, konnte der Ingolstädter Lezcano in Richtung des HSV-Tores allein auf und davon ziehen. Zwar wurde er von beiden Hamburger Innenverteidigern noch eingeholt, da aber beide passiv blieben (und nicht einer von ihnen den Stürmer attackierte), kam der Ingolstädter zum Abschluss. Das 0:1, aus meiner Sicht unhaltbar für Pollersbeck.

In der Folge wirkte die Mannschaft des HSV noch unsicherer. Alle waren bemüht, weitere Fehler zu vermeiden, was sich zunächst in einer wahren Orgie an Sicherheits-, Quer- und Rückpässen zeigte. Es fehlten sowohl Tiefe als auch Breite in ihrem Spiel. Bot beispielsweise der weit ins Mittelfeld aufgerückte Sakai Läufe in die Tiefe an, so wurde er gleich mehrfach übersehen, bzw. ignoriert. Narey und Jatta auf den Außénbahnen zogen (zu) häufig nach innen, sodass dem HSV-Spiel auch jede wirkliche Breite fehlte. Da auch Hwang, sofern er sich ins Mittelfeld zurückfallenließ, fast kein Wechselspiel mit Narey über außen zeigte, verpufften jegliche Hamburger Angriffsbemühungen im zentralen Raum vor der massierten Ingolstädter Abwehrmitte. Die Gäste kamen so meist relativ einfach zu ihren Ballgewinnen und konnten immer wieder ihrerseits für Entlastung und weitere Unruhe sorgen

Der HSV fand gegen die stark mannorientierte Verteidigung seiner nominellen Kreativspieler, Mangala und Douglas Santos, wie schon zuletzt mehrfach gesehen und kritisiert erneut keine Lösung. Eine Vielzahl von prinzipiell leicht zu verteidigenden langen Bällen nach vorne, die auch praktisch ohne jede Wirkung blieben, zeigte dies ebenfalls sehr deutlich. Mein Zwischenresümée zur Halbzeit war daher:

Das ist leider ein Klassenunterschied bisher. Der HSV spielt bisher wie ein Abstiegskandidat und liegt völlig zurecht zurück.

Nach der Pause begannen die Hamburger die zweite Halbzeit spielerisch zunächst leicht verbessert. Die Mannschaft versuchte nun erkennbar mehr die Breite des Feldes zu nutzen, um die Ingolstädter Abwehr auseinanderzuziehen. In der ersten Viertelstunde wurde nun insbesondere Jatta auf dem linken Flügel mehrfach freigepielt, der dann wahlweise Flanken aus dem Halbraum schlug, oder den Ball an die Strafraumgrenze zum nachrückenden Mangala zurücklegte. Offenbar hatte Wolf in seiner Halbzeitansprache auch mehr Abschlüsse aus der zweiten Reihe eingefordert. Leider verfingen sich diese Abschlüsse regelmäßig in der vielbeinigen Ingolstädter Abwehr oder verfehlten zu klar das Tor. In der Summe verlebte Ingolstadts Torhüter Tschauner jedenfalls einen viel zu ruhigen Nachmittag und wurde über die gesamte Spieldauer kaum je geprüft.

In der 63. Minute entschloss sich Wolf angesichts der fortdauernden Gästeführung zu einem Doppelwechsel: Der erneut praktisch völlig wirkungs – und bindungslos spielende Hwang wurde durch den langsameren aber robusteren und kopfballstärkeren Lasogga ersetzt. Zusätzlich sollte durch Vagnoman für Sakai offenbar nun auch mehr Tempo über den rechten Flügel kommen.

Fünf Minuten später gab es einen Eckball für den HSV. Da beide Hamburger Innenverteidiger als Kopfballadressaten des Eckballs im Strafraum der Gäste positioniert waren, spielte der junge Vagnoman den s.g. „letzten Mann“. Leider sprang ihm der abgewehrte Eckball bei der Ballannahme gleich mehrere Meter vom Fuß. Der Ingolstädter Pledl spritze dazwischen und lief tief aus der eigenen Hälfte kommend und vom unglücklichen Vagnoman verfolgt allein auf Pollersbeck zu. Sein Abschluss war dann so platziert, dass Pollersbeck erneut ohne Abwehrchance blieb. Das vorentscheidende 0:2 (68.) nach einem weiteren, schweren individuellen Fehler.

Nur wenige Minuten später landete ein Kopfball von Lacroix direkt vor den Füßen des Ingolstädters Gaus, dessen Schuss zusätzlich noch abgefälscht vom stürzenden Vagnoman für Pollerbeck ebenfalls unhaltbar zum 0:3 (73.) abgefälscht wurde. Um es in der Boxersprache auszudrücken: Der K.O. für den HSV.

In der Restpielzeit durften sich die erkennbar resignierenden Hamburger allein bei Pollersbeck bedanken, dass die Niederlage nicht noch höher ausfiel.

Fazit: Der HSV verliert auch in der Höhe völlig verdient. Über weite Strecken des Spiels glich das Hamburger Spiel einem spielerischen Offenbarungseid. Die von mir hier schon oft kritisierte Fehleranfälligkeit im Aufbauspiel, die Ideenarmut im Mittelfeld beim Übergang ins Angriffsdrittel – alles unverändert. In dieser Verfassung hat man nicht nur nichts in der 1. Bundesliga zu suchen sondern wäre über eine ganze Saison gesehen sogar klarer Abstiegskandidat aus der 2. Liga. Platz 16 in der Rückrundentabelle spricht hier ebenfalls Bände.

Kurztrainingslager gepaart mit öffentlicher Kritik an Einstellung und Trainingsleistungen, das wirkte auf mich schon vor der Begegnung mehr aktionistisch als tatsächlich erfolgversprechend.

Angeblich, so eine bliebte Legende unter HSVern, ist der HSV immer am besten, wenn der Druck hoch genug ist. Dieses Spiel könnte das Gegenteil belegen. Die Mannschaft wirkte nicht nur in diesem Spiel auch nervlich überfordert. Eine Vielzahl von schweren individuellen Fehlern in den letzten Wochen ist meines Erachtens auch Folge dieser mangelhaften mentalen Einstellung.

Hannes Wolfs gebetsmühlenartig eingeforderte „Schärfe“ kann nicht verdecken, dass es ihm erkennbar nicht gelungen ist, der Mannschaft offensiv stabile Lösungen zu vermitteln. Wenn Spieler immer wieder im Deckungsschatten verharren und sich nicht konsequent anbieten, auch deswegen gar nicht angespielt werden können (Özcan, Hwang, Narey), wenn gegen eine massierte Abwehr kopf- und erwartbar erfolglos penetrant-systematisch durch die Mitte gespielt wird anstatt die Breite des Feldes zu nutzen, dann kann man den Trainer nicht gänzlich aus jeder Verantwortung nehmen. Auch für die Einstellung der Spieler beim Training ist der Trainer zwar nicht allein aber eben auch mitverantwortlich zu machen. Zweifellos muss Hannes Wolf mit dem Nachteil arbeiten, dass er keine gemeinsame Sommervorbereitung mit der Mannnschaft hatte. Zweifellos hat er mit verletzungsbedingten Ausfällen (Jairo, Hunt) und strukturellen Problemen des Kaders (u.a. Abhängigkeit von Lasogga offensiv, schwankendes Leistungsbild vorgesehener Führungsspieler u.v.m.) zu kämpfen. Unter dem Strich steht jedoch inzwischen eine desaströse Rückrunde. Unter dem Strich wirkt die Mannschaft unter Wolf zu oft wie eine Ansammlung von Einzelakteuren aber eben nicht wie ein funktionierendes Kollektiv. Das soll nicht bedeuten, dass ich hier die Entlassung Wolfs fordere. Aber spätestens nach dieser erneut äußerst schwachen Leistung der Mannschaft und unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte muss man darüber nachdenken dürfen, ob man die nächste Spielzeit tatsächlich mit einem Trainer angehen will, der nunmehr wenig Kredit genießen wird und sofort massiv unter Druck geraten würde, sollte der Saisonauftakt in der nächsten Spielzeit nicht wie gewünscht verlaufen.

Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart). An ihm lag es nicht.

Einzelkritik:

Pollersbeck: Schuld- und chancenlos bei den Gegentoren. Verhindert eine noch höhere Niederlage.

Sakai: Bot in der ersten Halbzeit mehrfach Läufe in die Tiefe an und wurde mehrfach von seinen Kollegen sträflich übersehen.

Lacroix: Leitete mit seinem schweren individuellen Fehler die Niederlage ein. Mehrfach mit ganz schwachen Zweikampfverhalten und Stellungsspiel. Ob man ihn nach dieser „Leistung“ nach der Saison tatsächlich fest verpflichten will, muss überdacht werden.

van Drongelen: Mehrfach mit ungewohnten Schwächen beim Kopfball- und gewohnte Schwächen beim Aufbauspiel. Wirkte neben dem unsicheren Lacroix überfordert.

Douglas Santos: Versuchte Viel. Vieles gelang leider auch nicht.

Mangala: Unbestreitbar ein großes Talent. Seine Klasse blitzte aber nur bei wenigen offensiven Pässen wirklich auf. Ansonsten viel zu viel Quer- und Sicherheitspässe, kaum Ideen.

Özcan: Nicht zu sehen.

Narey: Kam erst in der zweiten Hälfte über den rechten Flügel. Zog zu schnell und häufig nach innen. Verzettelte sich zu häufig in Einzelaktionen.

Jatta: Wurde erst zu Beginn der 2. Halbzeit mehrfach links außen gesucht und gefunden. Kaum mit Wirkung.

Hwang: Ließ sich häufig ins Mittelfeld fallen, auch weil aus dem Mittelfeld keine Bälle in die Spitze kamen. Wenn auf rechts außen, machte er das Spiel eng statt breit. Ohne Bindung.

Wintzheimer: Bekam wenig Bälle. Bemüht, mehr nicht.

Vagnoman: Schwerer Fehler bei der Ballannahme vor dem vorentscheidenden 0:2.

Lasogga: Ohne jede Wirkung.

Janjicic: Durfte Musste auch noch mitspielen.

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Mehr als eine Niederlage

1. FC Union Berlin – Hamburger SV 2:0 (0:0)

Vor der Partie des HSV in Berlin beim 1. FC Union überraschte HSV-Trainer Hannes Wolf einmal mehr mit seiner Startformation.

Startelf: Pollersbeck – Jung (57. Lasogga), Lacroix, van Drongelen – Janjicic – Douglas Santos – Narey, Hunt, Vagnoman (46. Hwang), Jatta – Özcan (74. Wintzheimer)

Ich hatte hier durchaus mit dem Einsatz von Özcan und Vagnoman gerechnet, allerdings auch erwartet, dass Wintzheimer als Sturmspitze beginnen würde, da er sich zuletzt zwei Mal als Torschütze auszeichnen konnte. Doch Wolf entschied sich zu einer Aufstellung mit Özcan als s.g. Falscher Neun.

Das Spiel begann mit einer Großchance für die Gastgeber. Bereits in der 1. Minute hätte Andersson den Führungstreffer aus kurzer Distanz erzielen können, aber er traf zum Glück für den HSV den Ball nicht richtig und verfehlte doch klar das Tor. Danach wurde schnell klar, welches taktische Konzept Wolf erdacht hatte. Der HSV agierte zunächst meist in der Abwehr mit Dreierkette, wobei Jung deren rechten Part und Lacroix das Zentrum bespielte. Vagnoman spielte weder wie von vielen erwartet Rechts- noch Linksverteidiger sondern links außen im Mittelfeld. Dessen defensives Zentrum hielt meist Janjicic, während Hunt klar offensiver spielte. Douglas Santos rückte erneut aus dem linken Halbfeld oft bis in Mittelfeldzentrum und sollte augenscheinlich von dort bei eigenem Ballbesitz im Zusammenspiel mit Hunt das Spiel ankurbeln. Vorne kam Narey meist über rechts außen, während Özcan und Jatta wahlweise eine Doppelspitze beim Anlaufen bildeten oder auf die die linke Seite auswichen. Unter dem Strich versuchte Wolf also das Mittelfeld personell zu überladen, zumal Jung bei eigenem Ballbesitz oft bis zur Mittellinie aufrückte, während Lacroix und Rick van Drongelen zunächst klar defensiver blieben. Die Unioner ihrerseits spielten aus einem klaren 4-4-2.

Nach der Schrecksekunde in der ersten Spielminute entwickelte sich ein von vielen Zweikämpfen geprägtes, fahriges Spiel mit leichten Vorteilen für den HSV. Denn in der 18. Minute vergab Hunt nach schöner Vorarbeit von Jatta relativ leichtfertig eine große Chance. Sein Schuss verfehlte doch (zu) klar das Tor. In der 31. Minute war es dann Jatta, der mit seinem Abschluss nur den Kopf von Gikiewicz im Tor der Unioner traf und so eine weitere Torchance für die Hamburger vergab. Die Berliner wurden ihrerseits offensiv nicht gefährlich, ließen defensiv allerdings auch kaum Lücken für den HSV. Das torlose Unentschieden zur Halbzeit entsprach somit durchaus dem Spielverlauf.

Als Zwischenfazit zur ersten Spielhälfte kam ich zu dem Ergebnis, dass es trotz des von Wolf gewählten Systems nicht gelungen war, das Mittelfeld wie gewünscht zu dominieren. Man sah zwar immer wieder positionelle Wechselspiele und Verschiebungen, aber Hunt und Douglas Santos wirkten bereits da auf mich ungewohnt fahrig und auch unkonzentriert. Immer wieder konnte man bei beiden Fehlpässe oder leichte Fehler bei der Ballannahme beobachten, die man so normalerweise von beiden Spielern nicht sieht. Ich schrieb daher auf Twitter:

Der #HSV mit zwei guten Möglichkeiten, von Union kommt bisher nichts. Aber dennoch eines dieser Spiele, bei denen man befürchten muss, dass sich der HSV durch einen individuellen Patzer am Ende selbst schlägt.

Schon kurz nach der Pause, in der 46. Minute, sollte sich dies leider bewahrheiten. Janjicic spielte einen Rückpass auf Jung, der dann mehr als leichtfertig den Ball am rechten Strafraumeck des HSV stehend an den Unioner Abdullahi vertändelte. Es folgte ein Querpass zu Zulj, der danach keine Mühe hatte, Pollersbeck zur 1:0-Führung für Berlin zu überwinden. Ein grober, ganz schwerer individueller Fehler von Gideon Jung, das muss man in aller Klarheit so benennen. Und es ist leider seit seiner Rückkehr nicht sein erster schwerer Patzer sondern mindestens der dritte oder vierte in den letzten Wochen!

Zuvor hattte Wolf bereits auf die keineswegs überzeugende Leistung seiner Mannschaft reagiert und zur Pause den auf mich überfordert wirkenden Vagnoman durch Hwang ersetzt. Damit einher ging zunächst eine Umstellung. Özcan hielt nun vermehrt die linke Außenbahn, während Hwang offenbar als zweite Spitze in die Tiefe stoßen sollte. Leider sollte auch dieser Plan nicht aufgehen, denn Hwang spielte erneut fast ohne jede Bindung zur Mannschaft.

Die Berliner, angepeitscht von ihrem Publikum, gewannen durch die Führung spürbar dennoch an Selbstvertrauen und wurden nun von Minute zu Minute torgefährlicher, ohne dass sich die Hereinnahme Hwangs positiv auf das Spiel des HSV auswirkte.

In der 57. Minute kam dann eine für mich überfällige Auswechselung. Wolf nahm Jung aus dem Spiel und brachte mit Lasogga einen echten Stoßstürmer. Aber auch dieser Wechsel, so viel sei verraten, erwies sich rückblickend betrachtet als völlig wirkungslos. Gegen eine Berliner Mannschaft, die mit der Führung im Rücken das eigene Tor leidenschaftlich verteidigte, die Räume konsequent verengte und dabei auch mit hart geführten Zweikämpfen und notfalls auch mit Fouls jeden Angriffsversuch des HSV bereits im Ansatz unterbrach, blieb auch Lasogga vollkommen wirkungslos. Das lag aber auch daran, dass dem HSV die offensiven Lösungen fehlten und er gar nicht in Szene gesetzt wurde, besser gesetzt werden konnte.

Hunt und Douglas Santos unter Form, bzw. konsequent gestört, traten die spielerischen und technischen Mängel der Hamburger Mannschaft einmal mehr deutlich hervor. So sah man beispielsweise Rick van Drongelen mit Ball am Fuß tief in die gegnerische Hälfte vorstoßen, allein es fehlten die Ballabnehmer oder es mangelte an Übersicht und technischer Qualität, um sich aus den verengten Räumen an der Außenlinie konstruktiv herauszuspielen, ohne zwischenzeitlichen Raumgewinn oder gleich den Ball wieder zu verlieren. Auch in diesem Spiel konnte man es wieder sehen: Es wird zu viel mit dem Ball am Fuß gelaufen, was dem Gegner regelmäßig die Zeit gibt, um sich defensiv zu ordnen. In der Folge wurde die Mannschaft von Union noch selbstsicherer und kam zu einigen guten Konterchancen.

Wolf zog eine Viertelstunde vor Schluss seine letzte Wechseloption, nahm Özcan für Wintzheimer aus dem Spiel und brachte somit einen zweiten Mittelstürmer. Die Idee dahinter war wohl, mit Jatta über die für ihn gewohnte linke Außenbahn und Hwang/Hunt über rechts außen einen der beiden Stürmer zu bedienen. Dies, auch so viel sei hier bereits verraten, gelang jedoch ebenfalls nicht.

In der 80. Minute ließ sich Douglas Santos, offensichtlich entnervt von einem fortgesetzten Foulspiel des ihn verfolgenden Kroos zu einer Tätlichkeit hinreißen. Dass Schiedsrichter Stegemann hier beiden Spielern nur Gelb und dem Brasilianer eben nicht Rot zeigte, war großes Glück für den HSV.

Wenige Minuten später unterlief dem zunehmend ebenfalls überfordert wirkenden Janjicic ein Fehler. In der Folge gelang Prömel mit einem sehenswerten Fernschuss das vorentscheidende 2:0 für Berlin (84.).

Fazit: Durch die aufgrund der absolut enttäuschenden und schwachen Leistung in der zweiten Spielhälfte verdiente Niederlage verliert der HSV nicht nur dieses Spiel hoch verdient, sondern rutscht aus den zum Aufstieg berechtigenden Rängen auf Platz 4. Er hat es damit nicht mehr in eigener Hand sondern muss nun in den verbleibenden Spielen auf Ausrutscher der Konkurrenz hoffen.

Die Mängelliste im Spiel des HSV ist lang. Schlechte Zweikampfführung (nur 46% gewonnen Zweikämpfe), zu langsame Ballzirkulation, kaum offensive Lösungen, technische Mängel und gleich mehrere individuelle Fehler – so kann man kaum gewinnen.

Hannes Wolf muss sich einmal mehr kritische Fragen gefallen lassen. Warum er einen Stürmer auf die Bank verbannt, der zuvor zwei Mal getroffen hatte (Wintzheimer); Warum er der Mannschaft ein anspruchsvolles Spielsystem mit Falscher Neun verordnete statt Jatta links außen zu belassen, wo er in den letzten Spielen die stärksten Leistungen zeigen konnte; warum er Jung erneut und dann auch noch in gänzlich ungewohnter Position einsetzte, obwohl dieser Spieler ganz offensichtlich nach langer Verletzung weit von seiner Normalform entfernt ist; warum er erneut auf Hwang setzte, der bis auf sein allererstes Spiel für den HSV ausnahmslos enttäuscht hat, dies ist nur eine Auswahl an offenen Fragen.

Wolf hat die Mannschaft aus meiner Sicht unbestreitbar taktisch variabler gemacht, überfordert sie möglicherweise jedoch mit den permanenten Systemumstellungen. Weder ist sein taktisches Konzept hier aufgegangen, noch hat einer seiner Wechsel gezündet. Das ist jedenfalls unbestreitbar.

Die gegenwärtige Situation macht mich zunehmend ratlos. Denn auch wenn ich manche Entscheidungen Wolfs nicht nachvollziehen kann und kritisiere, so meine ich eben auch strukturelle Mängel im Kader zu erkennen, die er nicht zu verantworten hat. Ob eine Rückkehr in die erste Liga unter diesen Umständen gelingt, ist nunmehr mehr als fraglich wenn auch noch nicht ausgeschlossen. Eins sollte aber jedem und jeder klar sein: Misslingt der Aufstieg, wird dadurch für den HSV nichts besser. Ganz im Gegenteil! Alles andere ist Legendenbildung oder reines Wunschdenken.

Schiedsrichter: S. Stegemann (Niederkassel). Hätte in der 80. Minute Douglas Santos wegen einer Tätlichkeit (Nachtreten nach wiederholtem Foulspiel durch Kroos) Rot zeigen können, wenn nicht gar müssen.