Dutt

Magerkost in Bochum

VfL Bochum – Hamburger SV 0:0 (0:0)

Das gestrige Auswärtsspiel des Hamburger SV beim VfL Bochum 1848 endete mit einem leistungsgerechten, torlosen Unentschieden.

HSV-Trainer Wolf schickte die folgende Startformation auf das Feld:

Mannschaftsaufstellung: Pollersbeck – Sakai, Bates, van Drongelen, Douglas Santos – Janjicic (78. Köhlert) – Narey, , Özcan, Mangala (58. Jung), Jatta (58. Holtby) – Lasogga

Startformation

Aus der normalerweise zu erwartenden Grundordnung des 4-2-3-1 mit den zwei nominellen Sechsern, (Mangala, Janjicic) wurde in diesem Fall eher ein 4-1-4-1, bei dem Janjicic meist den defensiven Part im Mittelfeld übernahm, während Mangala doch deutlich offensiver agierte.

Bochums Trainer Robin Dutt ließ seine Mannschaft hingegen in einem 4-2-3-1 beginnen. Für Anhänger des HSV stachen zwei Namen ins Auge: Robert Tesche, der vor einigen Jahren bekanntlich selbst die Schuhe für die Rothosen schnürte, und Mittelstürmer Hinterseer, dessen Name in Hamburg als mögliche Verstärkung für die nächste Saison gehandelt wird. Tesche spielte seine Rolle routiniert, ohne jedoch groß auffällig zu werden; Zu Hinterseer komme ich später.

Ich hatte jüngst gemutmaßt, dass den Analysten der Zweitliagkonkurrenz keineswegs entgangen sein dürfte, wie anfällig die junge Mannschaft des HSV (zu) oft auf entschlossenes Gegenpressing und Störungen ihres Aufbauspiels reagiert. Und so war ich nicht verwundert, dass die laufstarken Bochum obwohl stark ersatzgeschwächt vom Anpfiff an erkennbar bemühten waren, ihrerseits das Spiel zu machen und dem HSV nicht im Stile des FC St. Pauli das Feld zu überlassen.

Als Konsequenz aus den Spielanlagen beider Mannschaften entwickelte sich eine über weite Strecken wenig ansehnliche, zerfahrene Partie mit vielen Ballverlusten hüben wie drüben. Der HSV kam in der 5. Minute zu einer Torchance, doch Narey scheiterte am Pfosten des Bochumer Tores. In der 21. Minute passte Douglas Santos auf den linken Flügel zu Jatta, der eine perfekte Flanke in die Mitte brachte, doch Özcan platzierte seinen Kopball zu mittig, sodass Riemann im Tor der Bochumer keine Mühe hatte, diesen Ball zu halten. In der 25. Minute musste auf der anderen Seite Pollersbeck bei einer Großchance der Bochumer deutllich mehr Aufwand betreiben, um den Führungstreffer der Gastgeber zu verhindern. Ich schildere dies, weil es im Grunde die einzigen Höhepunkte der ersten Halbzeit waren.

Umstellungen, ein Debüt und ein Totalausfall

Wer zur Pause auf eine spielerisch bessere zweite Spielhälfte gehofft hatte, sah sich bald enttäuscht. Dem HSV gelang es erneut kaum, klare Spielzüge zu entwickeln. Seine gewöhnlich stärkere Angriffsseite, der linke Flügel, wurde von den Bochumern weitestgehend neutralisiert. Von Jatta und Douglas Santos war wenig zu sehen. Auch Narey auf der anderen Seite trat nach starken Beginn zunehmend kaum noch in Erscheinung. In der Mittelfeldzentrale waren Özcan und Mangala bemüht, das Spiel der eigenen Mannschaft anzukurbeln, allein die aufmerksamen Bochumer ließen dies ebenfalls kaum zu.

Auffällig war, dass der designierte Zielspieler der HSV-Angriffe, Lasogga, bei gefühlt acht von zehn Kopfballduellen das Nachsehen hatte. Alle seine Defizite, sein begrenztes läuferisches wie spielerisches Vermögen traten unter diesen Umständen schonungslos und noch deutlicher hervor. Um es klar zu sagen: Er war fast vollkommen wirkungslos. Der als sein Nachfolgekandidat gehandelte Hinterseer gewann den direkten Vergleich in meinen Augen um Längen! Auch er hatte praktisch keine Torchance, wirkte aber viel besser in das Spiel seiner Mannschaft eingebunden, war lauf – und einsatzfreudig, während Lasogga viel zu oft auf den perfekten Ball wartete. Umso ärgerlicher, dass es Arp, dessen Trainingsleistungen sich offenbar trotz freundlich verpackter und dennoch sehr deutlicher Ansage des Trainers nicht verbessert haben, nicht einmal in den Kader geschafft hatte. Denn im Grunde war die gestrige Leistung von Lasogga derart schwach, dass sie einem Bewerbungsschreiben um einen Bankplatz gleichkam. Vor diesem Hintergrund muss man wohl das Debüt von Mats Köhlert auch bewerten. Denn deutlicher kann man dem eigenen Nachwuchs nicht vor Augen führen, dass Leistungen Folgen haben. In die eine oder andere Richtung.

In der 58. Minute versuchte Wolf durch einen Doppelwechsel neue Impulse zu setzen. Mangala und Jatta mussten für Jung und Holtby das Feld räumen. Die daraus resultierende Umstellung soll die nachfolgende Grafik illustrieren.

Leider wurde das Spiel des HSV dadurch nicht besser. Meines Erachtens hatte der VfL in der zweiten Spielhälfte sogar leichte Vorteile, denn Pollersbeck musste doch einige Male in höchster Not eingreifen. Verwundern kann dies aber nicht. Denn nicht nur, dass Lasogga zunehmend zu einem Totalausfall mutierte, es war erneut zu sehen, dass Präzision der Zuspiele und (Handlungs-)Geschwindigkeit der Mannschaft als Ganzes nicht hoch genug sind, um sich von dem relativ ausgeglichenen Feld der Konkurrenten in der Zweiten Liga entscheidend abzusetzen. Ein Manko, das keineswegs nur beim HSV festzustellen ist, sondern das sich durch den ganzen deutschen Fußball zieht: Die Spielzerstörung des Gegners durch Gegenpressing beherrschen inzwischen viele Mannschaften. Allein unter Gegnerdruck eigene konstruktive Angriffe zu entwickeln und sauber zu ende zu spielen, daran scheitern regelmäßig die Meisten.

Mit Köhlert versuchte Wolf wie bereits erwähnt die linke Seite in der Schlussphase neu zu beleben, denn dadurch konnte er Özcan, der noch eine der besseren Leistungen auf Seiten des HSV anbot, wieder etwas mehr ins Zentrum ziehen.

Wie das Endergebnis bereits verrät, es änderte nichts am Spielausgang.

Fazit: Ein Sieg des HSV wäre möglich gewesen, wäre man früh in Führung gegangen. Das torlose Unentschieden erscheint aber in jeder Hinsicht als gerechtes Ergebnis. Viel Spielzerstörung auf beiden Seiten, wenig Konstruktives. Es gibt torlose Unentschieden, die sind dennoch ansehnlich. Dieses gehörte definitiv nicht dazu.

Die positive Nachricht für den HSV ist, dass Verfolger Union gegen Paderborn verloren hat, sodass man den Vorsprung auf den 3. Platz sogar noch leicht ausbauen konnte. Erfreulich ist auch, dass mit Mats Köhlert ein weiteres Talent erste Zweitbundesligaluft schnuppern durfte. Herzlichen Glückwunsch, Mats! Ob es bei diesen Minuten bleibt, wird die Zukunft zeigen.

So grundsätzlich sympathisch mir Pierre Michel Lasogga auch ist, aber eine positive spielerische und auch taktische Entwicklung der Mannschaft mit ihm kann ich mir nicht vorstellen. Ihm persönlich wünsche ich nur Gutes, aber ab Sommer muss es meines Erachtens heißen: In Hamburg sagt man Tschüss!

Schiedsrichter: Koslowski (Berlin). Keinesfalls ein Heimschiedsrichter. Wertete zwei strittige Szenen zugunsten des HSV.

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Spielbericht: Ost-Delmenhorst – Hamburger SV (100. Derby) 1:0

+++ Ergänzung: Rajkovic hat sich Kreuz- und Innenband im linken Knie gerissen und fällt monatelang aus. Gute Besserung, Boban!; Badelj mit Mittelhandbruch links. Kann u.U. mit Schiene weiterspielen. Auch hier gute Besserung! +++

Aufstellung: Adler – Diekmeier, Djourou, Rajkovic (65. Sobiech), Jansen – Rincon (46. van der Vaart), Badelj, Arslan, Jiracek (79. Zoua) – Calhanoglu, Lasogga.

Schiedrichter: F. Meyer

Spielverlauf: Dutt hatte für manchen überraschend den zuletzt schwachen Lukimya aufgeboten. Dessen starke körperliche Präsenz und robuste Spielweise passte, wie sich erweisen sollte, perfekt als Gegenspieler zu Hamburgs Sturmspitze Lasogga. Gratulation, Herr Dutt, nicht nur zu diesem Schachzug! Lukimya machte ein starkes Spiel und ließ Hamburgs Goalgetter kaum zur Entfaltung kommen. Das Resultat dieser Maßnahme war, dass aus Hamburger Sicht vorne nicht die Bälle wie gewohnt festgemacht werden konnten, sodass torgefährliche Aktionen vor dem Gehäuse der Gastgeber Mangelware blieben. Die Hausherren zeigten sich ihrerseits von Beginn an entschlossen, die Punkte für sich zu gewinnen. Der HSV kämpfte, fand aber oft keine Mittel. Die Abstimmung zwischen Rincon und Diekmeier auf der rechten Seite war nicht immer optimal, und auch auf der linken Außenbahn hatten die zuletzt starken Jiracek und Jansen einige Mühe. So segelten in der ersten Hälfte viel zu häufig die Hereingaben über außen in den Hamburger Strafraum, ohne dass dies zunächst Folgen hatte. Da die Hamburger Abwehr, besonders Diekmeier, im Spielaufbau sofort aggressiv angelaufen wurden, blieb der Hamburger Spielaufbau über weite Strecken mangelhaft. In der 18. Spielminute verlängerte Hunt mit der Hacke einen halbhohen Ball in den Hamburger Strafraum. Junuzovic schaltete am schnellsten und schoss links unten an Adler vorbei ins Tor. 1:0 für den Rivalen. Ärgerlich, aber noch war ja viel Zeit auf der Uhr.
Hamburg versuchte zwar auf den Ausgleich zu drängen, kam aber lediglich über Calhanoglu zu einem sehenswerten Schlenzer ins lange Eck, den der gegenerische Torwart mit Mühe an die Latte des Gehäuses beförderte. Das hätte ein Tor sein können, war es aber eben nicht.
Zur Pause nahm Slomka wie von mir für diesen Fall erwartet Rincon aus dem Spiel und brachte van der Vaart. Die dadurch erzwungene Umstellung, der zunächst als zweite (hängende) Spitze aufgebotene Calhanoglu kam nun vermehrt über die rechte Außenbahn, während van der Vaart dessen Position vorne einnahm, schien zunächst das Hamburger Offensivspiel tatsächlich zu beleben. Zunächst aber musste Schiedsrichter Meyer die Partie in der 48. Minute für mehrere Minuten unterbrechen, weil einige Holzköpfe meinten, sie müssten unbedingt Bengalos abfackeln. Wahnsinn, dass dieser gefährliche Schwachsinn einfach nicht aufhört!
Nach Fortsetzung des Spiel folgte die beste Hamburger Phase. In der 55. Minute hatte Badelj Pech, dass sein Volleyschuss nach Ecke van der Vaarts direkt auf den Torhüter kam und so letztlich problemlos entschärft werden konnte. Es folgte aus Hamburger Sicht der nächste Schock: Der bis dahin erneut engagiert spielende Rajkovic kam in der 65. Spielminute im Zweikampf mit einem Gegenspieler unglücklich auf und musste mit Verdacht auf Bänderverletzung im linken Knie ausgewechselt werden. Drama, Baby, Drama! Ausgerechnet Boban, der gerade nach langer Leidenszeit zurück ins Team gefunden hatte und auf dem Weg zum Stammspieler war! Ich hoffe sehr, dass es vielleicht doch nur eine schwere Bänderdehnung ist und wünsche ihm wirklich alles, alles Gute! Für Boban kam dann Sobiech. Und das war praktisch dann, man muss es leider so deutlich schreiben, fast schon der Genickbruch. Sobiech, ein zweifellos talentierter Innenverteidiger, zeigte sich erneut als Nervenbündel und verschuldete mit seiner ersten Aktion beinahe das zweite Gegentor. Er lief parallel zum eigenen Strafraum mit Ball und verlor diesen leichtfertig gegen Petersen, der den Ball zum eigenen Mann weiter passte. Zum Glück ging der folgende Abschluss haarscharf links am Hamburger Tor vorbei. Ich meine, er hätte sogar den Außenpfosten gestreift. Glück gehabt!
Slomkas Team kämpfte unverdrossen, aber verlegte sich viel zu früh fast ausschließlich auf lange Bälle, denen aber entweder die Genauigkeit fehlte, oder die (wie schon erwähnt) nicht festgemacht werden konnten. Das Mittelfeld erwies sich erneut viel zu häufig als kreatives Vakuum. Einzig von Badelj sah man hin und wieder ordnende Pässe. Das ist schlicht und einfach zu wenig! Arslan des öfteren mit Anspielversuchen in der Hamburger Vorwärtsbewegung, die leicht und einfach abgefangen werden konnten und Konterchancen für den Gegner einleiteten. Auch Calhanoglu und van der Vaart waren kaum zu sehen. Als Slomka dann gezwungenermaßen alles auf eine Karte setzte und Zoua für Jiracek brachte, da war spätestens dann auch die linke Seite offen wie ein Scheunentor. So kann man am Ende noch froh sein, dass es bei einer knappen Niederlage geblieben ist, denn Chancen hatte der Gegner genug, um das Ergebnis auszubauen.

Fazit: So schwer es auch fällt – ein verdienter Sieg für Ost-Delmenhorst im 100. Derby. Aus Hamburger Sicht leistungsmäßig nach zwei Schritten vorwärts (gegen den BvB) mindestens ein großer, großer Schritt zurück. Trotz allen kämpferischen Engagements konnten kaum personelle Überzahlsituationen in Ballnähe erreicht und Zugriff auf das Spiel gewonnen werden. Dies zeigt m.E. auch die bescheidene Anzahl (theoretischer) eigener Torchancen.  Der Ausfall von Rajkovic zerstört für ’s erste alle Hoffnungen auf ein stabiles Innenverteidigergespann beim HSV. So wurden am  Ende vielleicht nicht nur drei Punkte gegen den (bis dahin) unmittelbaren Tabellennachbarn verloren. Bitter, bitter!