Rincon

Kaderbewertung und -perspektive beim Hamburger Sportverein

Bevor ich mich den (sportlich) Verantwortlichen widme, hier eine kurze Bewertung der Saisonleistung und der Perspektive des HSV-Kaders:

René Adler, 29 (TW), Vertrag bis 2017
Gemessen an den überragenden Leistungen der Vorsaison spielte er eine enttäuschende Serie. Acht schwere Torwartfehler kosteten ihn die Teilnahme an der WM. Seine z.T. spielentscheidenden Aussetzer (Braunschweig!) hatten ihren Anteil an dem desaströsen Saisonverlauf. Nicht mehr befriedigend.

Jaroslav Drobny, 34 (TW), Vertrag bis 2015
Der Torwart 1B. Kam nur bei Verletzungen Adlers zum Einsatz. Bei seinen insgesamt 7 Einsätzen stets ordentlich bis gut.

Sven Neuhaus, 36,(TW), Vertrag läuft aus
Für mich nicht zu bewerten.

Florian Stritzel, 20 (TW), Vertrag läuft aus
Für mich nicht zu bewerten.

Jonathan Tah, 18 (IV),Vertrag bis 2018
Spielte noch als Siebzehnjähriger eine ordentliche bis gute erste Halbserie. Dannn rückte sein Abitur näher und er damit aus der Stammformation. Großes Talent.

Heiko Westermann, 30 (IV), Vertrag bis 2015
Der Abwehrallrounder. Charakterlich wohl einer der besten Spieler im Kader. Stellt sich immer in den Dienst der Mannschaft, ist vielseitig einsetzbar und übernimmt Verantwortung. Seine regelmäßigen technischen Fehler bleiben ein Ärgernis, wurden aber z.T. auch erst durch die Tatsache provoziert, dass andere abtauchten. Ist somit auch ein klein wenig „Opfer“ einer nicht funktionierenden Mannschaft, auch wenn er an der unbefriedigenden Mannschaftsleistung selbst beteiligt gewesen ist.

Johan Djourou, 27 (IV), Vertrag bis 2016
Begann als Zitterfuß. Bei ihm scheint die Detailfrage von Bedeutung, ob er rechts oder links als Innenverteidiger spielt. Als rechter Innenverteidiger und mit einem Trainer Slomka, der ihm Vertrauen und Sicherheit vermittelt, ordentlich.

Lasse Sobiech, 23 (IV), Vertrag bis 2016
Für mich eine der Enttäuschungen in dieser Saison. Konnte seine Chancen nicht nutzen. Danach mit Verletzungspech. In der gezeigten Verfassung ein Streichkandidat. Lasse steht an einem Scheideweg seiner Karriere und sollte gründlich überlegen, wie es weitergehen soll. Ich hoffe sehr, dass er die richtigen Lehren zieht. Denn das grundsätzliche Potenzial zu einem guten Bundesligaspieler besitzt er.

Michael Mancienne, 26 (IV), Vertrag bis 2015
Bereits aussortiert, kehrte er erst durch die schwere Verletzung von Rajkovic in Kader und Team zurück. Für mich trotz manchem Fehler noch der stabilste Innenverteidiger. Dürfte dennoch Verkaufskandidat bleiben. Sollte er den Verein verlassen müssen, ich würde es bedauern.

Slobodan Rajkovic, 25 (IV), Vertrag bis 2015
Der Pechvogel. Ebenfalls längst aussortiert, kehrte er kurzfristig in die Stammformation zurück. Im Spiel der härteste Innenverteidiger. Wäre daher für mich in der kampfbetonten 2. Liga gesetzt gewesen. Verletzte sich leider bereits in seinem zweiten Einsatz schwer (Kreuzbandriss). Dürfte daher und aufgrund der Vorgeschichte fast unverkäuflich sein. Gute Besserung, Boban!

Marcell Jansen, 28 (LV), Vertrag bis 2015
Nach der Abgabe (besser Verschleuderung!) Aogos an Schalke spielte er meist als LOV. Das machte er ordentlich, jedoch war nicht zu übersehen, dass gerade er absolute Fitness für sein physisches Spiel benötigt. Jeweils nach Verletzungen mit zum Teil schweren Mängeln. Darf nach dieser Saison dank einer Ausstiegsklausel den Verein für € 5 Millionen verlassen. Sollte HSVPlus am 25. Mai scheitern, wird er meiner Einschätzung nach das Weite suchen. Interessenten (Gladbach, Leverkusen) soll es geben.

Dennis Diekmeier, 24 (RV), Vertrag bis 2016
Ist stabiler geworden. Ordentlich, mit Luft nach oben.

Zhi Gin Lam, 22 (AV),Vertrag bis 2015
Noch ein Pechvogel, da praktisch dauerverletzt. Gute Besserung! Deutete bei 9 Einsätzen in der Liga und 2 im DFB-Pokal aber sein Talent (Spielintelligenz!) an. Vielseitig einsetzbar.

Milan Badelj, 25 (DM, ZM), Vertrag bis 2015
Fußballerisch im Grunde einer der absolut besten Spieler im Kader. Besitzt leider läuferisch von Haus aus nur eine mäßige Grundgeschwindigkeit. War damit Opfer der unbefriedigenden Saisonvorbereitung und der absolut verpfuschten Rückrundenvorbereitung. Wird sich nächste Saison steigern. Im defensiven Mittelfeld noch der Bessere.

Tomás Rincon, 26 (DM, RM), Vertrag läuft aus
Die Kampfmaschine. Vielseitig einsetzbar, kam er zuletzt auf der für ihn eher suboptimalen offensiven Außenbahn rechts zum Einsatz. Dort ordentlich. Wird wohl den Verein ablösefrei verlassen (müssen). Ich würde es bedauern, auch wenn er sich spielerisch nicht so entwickelt hat, wie ich es einst erhofft habe. Sollte er also gehen, wünsche ich ihm alles, alles Gute!

Robert Tesche, 26 (DM, ZM), Vertrag läuft aus
Noch ein Aussortierter. Trainingsweltmeister. Seit 2009 im Verein, blieb er meist im eigentlichen Wettkampf Vieles schuldig. In den letzten Spielen unter Slomka mit ansteigender Form. Vollwertiger, wenn aber auch nur durchschnittlicher Bundesligaspieler. Wird wohl den Verein ablösefrei verlassen. In Hamburg sagt man in solchen Fällen: Danke und Tschüs.

Tolgay Arslan, 23 (DM, ZM), Vertrag bis 2015
Großes Talent, das anscheinend zur Selbstüberschätzung neigt. Läuferisch schnell, bissig (gelegentlich zu ungestüm) im Zweikampf, gute Technik. Einigen wirklich guten Spielen stehen diverse Einsätze gegenüber, in denen er vollkommen abtauchte und Alibifußball spielte, oder es mit Einzelaktionen übertrieb, die oft genug zu Ballverlusten und Gegentoren führten. Sein noch junges Alter und sein grundsätzliches Potenzial sind Argumente, um (noch!) Geduld zu haben.

Quasim Bouy, 20 (DM, ZM), ausgeliehen,Vertrag läuft aus
Leihspieler, der mit wenig Spielpraxis aus Italien kam. Kam kaum zum Zuge und kehrt zurück. Tschüs!

Kerim Demirbay, 20 (ZM, DM), Vertrag bis 2017
Ebenfalls lange verletzt, deutete er an, dass er mindestens Arslan in der nächsten Saison ernsthafte Konkurrenz bereiten könnte.

Petr Jirácek, 28 (LM, LV), Vertrag bis 2016
Für mich eher ein Sechser. Kam aber beim HSV meist auf der linken Außenbahn, defensiv und offensiv, zum Einsatz. Stets einsatzwillig und zuverlässig. Befriedigend.

Rafael van der Vaart, 31 (OM), Vertrag bis 2015
Das große Missverständnis. Als dominierender Zehner geholt, der er nie gewesen ist!, spielte er meist als Neuneinhalber, was er kann. Läuferisch gilt für ihn dasselbe, was ich bereits zu Badelj feststellte. Dennoch immer bemüht, jedoch viel zu oft und lang ohne Form. Die Unruhe in seinem Privatleben dürfte sich auch nicht leistungsfördernd ausgewirkt haben. Schon aus finanziellen Gründen muss man über eine vorzeitige Trennung nachdenken. Einsatz (Gehalt) und Ertrag (Leistung) standen in einem Missverhältnis.

Hakan Calhanoglu, 20 (OM), Vertrag bis 2018
Großes Talent. Hatte in der ersten Halbserie verständliche Anpassungsprobleme an das grundsätzlich höhere Niveau der ersten Liga. Da spielte er oft zu naiv. Einer von vielen Gründen, die den HSV überhaupt erst derart abstürzen ließen. In der Rückrunde zeitweilig mit großartigen Leistungen. Verlängerte vor wenigen Monaten bis 2018, als der HSV schon gegen den Abstieg spielte!, und meint jetzt(!) festgestellt zu haben, dass die sportliche Perspektive (CL) nicht mehr stimmt und will zu Leverkusen. Der Verein sollte hier hart bleiben und ein Exempel statuieren. Was erlauben Hakan?!

Ola John, 22 (LA, RA), ausgeliehen, Vertrag läuft aus
Deutete an, dass er Talent besitzt, konnte sich aber nicht schnell genug an die Bundesliga anpassen, was ich ihm nicht vorwerfe. Da ohnehin nur ausgeliehen und nicht vollständig überzeugend, trennen sich die Wege. Alles Gute und Tschüs!

Ivo Ilicevic, 27 (LA), Vertrag bis 2015
Seuchenvogel. Seine letzte Verletzung dürfte ihn endgültig die WM-Teilnahme gekostet haben. Konnte (mal wieder) nur rund die Hälfte aller Spiele bestreiten. Lief auch aufgrund seiner diversen Verletzungen permanent seiner Form hinterher. Potenzieller Kandidat für die Transferliste.

Maximilian Beister, 23 (RA), Vertrag bis 2016
In der ersten Halbserie und bis zu seinem Kreuzbandriss neben Lasogga noch der beste Offensivspieler. Befriedigend.

Valmir Nafiu, 20 (RA), Vertrag läuft aus
Für mich nicht zu bewerten.

Pierre-Michel Lasogga, 22 (ST), ausgeliehen, Vertrag läuft aus
Wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den HSV verlassen. Ingesamt eine gute Saison. Hat mit seinen 15 Toren, darunter das Auswärtstor in der Relegation, den Verein in der Liga gehalten. Ohne ihn, das dürfte jeder gesehen haben, war der HSV fast nur über Freistöße Calhanoglus torgefährlich. Sein körperbetontes Spiel prädestiniert ihn für die Premier League. Ob sein Körper dem gewachsen ist, darf allerdings in (leichten) Zweifel gezogen werden. Dem HSV und mir wird er fehlen. Danke, Pierre!

Jacques Zoua, 22 (ST), Vertrag bis 2016
Talent. Besser als ihn Viele gesehen haben. War immer fleißig und hat, gerade wenn Lasogga verletzt ausfiel, offensiv viele, hohe Bälle festgemacht. Allein damit hatte er in diesen Spielen ein Alleinstellungsmerkmal. Ihm fehlte Explosivität, was möglicherweise ebenfalls Folge der unbefriedigenden konditionellen Saisonvorbereitung gewesen ist. Braucht zudem mehr Selbstvertrauen und Zug zum Tor, wenn er sich beim HSV durchsetzen will. Meiner Meinung nach sollte man die nächste Saison abwarten.

Mattia Maggio, 20 (ST), Vertrag läuft aus
Nur als absoluter Notnagel aus der U23 hochgezogen, gelangen ihm im Training einige Treffer. Über welches tatsächliche Potenzial er verfügt, ist von mir nicht zu beurteilen.

Fazit: Der HSV besitzt unverändert ein Überangebot an Innenverteidigern und (denkbaren) Sechsern. Dennoch wurde für das (defensive) Mittelfeld bisher keine wirklich überzeugende Lösung gefunden. Für den Offensivbereich kehrt Rudnevs zurück, aber der dürfte die große Lücke, die Lasogga wahrscheinlich  hinterlässt, allein nicht füllen können. Zumal man nach einer Rückkehr von dem dann lange ausgefallenen Beister von diesem keine Wunder erwarten darf. Zudem braucht der HSV läuferisch und spielerisch viel mehr Geschwindigkeit in seinem Spiel. Beides wird sich zwar durch eine gute Vorbereitung verbessern lassen, aber  auch hier sollte personell nachgebessert werden. Baustellen gibt es also genug. Da trifft es sich gut, – Achtung! Sarkasmus – dass der Verein praktisch kein Geld zur Verfügung hat und einige Fantasten noch HSVPlus verhindern wollen.

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Der Dino ist noch einmal davongekommen: SpVgg Greuther Fürth – HSV 1:1 (0:1)

In der langen Geschichte des Hamburger Sportvereins lassen sich gewiss viele Spiele finden, die für den Verein von überragender Bedeutung waren. Finalspiele um die Deutsche Meisterschaft (als die Meisterschaft noch mit einem Finale entschieden wurde), Endspiele um den DFB-Pokal, den Europapokal der Pokalsieger, oder jene inzwischen legendäre Nacht von Athen, als Felix Magath den HSV bekanntlich auf den Olymp des europäischen Fußballs beförderte. Unvergessen. Doch (fast) immer ging es um Erfolge. Eine Niederlage wäre zwar enttäuschend gewesen, letztlich wäre aber bereits die Teilnahme an diesen Endspielen als Ausdruck einer erfolgreichen Saison bewertet worden. Nicht so am gestrigen frühen Abend. Eine Niederlage gestern, und der HSV wäre wohl mindestens für mehrere Jahre in den Niederungen der Zweitklassigkeit verschwunden.

Das torlose Unentschieden am Ende des ersten Relegationsspiels habe ich hier aus Sicht der Hamburger als durchaus glücklich und schmeichelhaft bezeichnet. Die Fürther hatten sich in dieser Partie dem HSV in praktisch allen Belangen überlegen gezeigt. Spielerisch, taktisch (kollektiv), läuferisch (Geschwindigkeit) und auch im Luftkampf, jedenfalls wenn dieser im Mittelfeld oder Offensivbereich geführt werden musste. HSV-Trainer Slomka zog aus all dem seine Schlüsse und schenkte der folgenden Aufstellung sein Vertrauen:

Drobny – Diekmeier, Djourou (30. Mancienne), Westermann, Jiracek – Calhanoglu, Arslan (64. Rincon), Badelj, Jansen – van der Vaart (75. Tesche) – Lasogga

Für die Nominierung Westermanns dürfte neben seiner stets vorbildlichen Einstellung allein die Tatsache gesprochen haben, dass Westermann im Offensivbereich ein klein wenig torgefährlicher als Mancienne einzuschätzen ist. Für Arslan und gegen Tesche dürfte gesprochen haben, dass Tolgay im läuferischen Bereich zu den sprintschnellsten Spielern im Hamburger Kader gehört. Jedenfalls ist dies meine Erklärung für diese Startelf.

Spielbericht: Bereits nach einer knappen Viertelstunde stellte ich einigermaßen erleichtert fest, dass der HSV in dieser alles entscheidenden Partie besser ins Spiel gefunden hatte, als noch in der ersten Begegnung beider Mannschaften. Den Fürthern fehlte jene bedingungslose Bissigkeit im Zweikampf, diese enorme Wucht des Offensivspiels, das sie noch wenige Tage zuvor auswärts ausgezeichnet hatte. Der HSV seinerseits stand zunächst sicher, d.h. kompakt und vermied jenes Kleinklein im Passspiel, was schon oft genug in dieser Saison zu Ballverlusten geführt hatte. Slomka sprach nach der Partie davon, dass seine Mannschaft vor dem Spiel den Auftrag erhalten habe, längere Bälle zu spielen. Längere Bälle – gemeint haben kann er nur, dass die Mannschaft klarere(sic!) Bälle spielen sollte, also einfacher statt umständlich, denn von einem Kick and Rush, so könnte man diese Vorgabe ja auch verstehen, war zum Glück nichts zu sehen.

Die erste wirklich nennenswerte Torchance gehörte dem HSV. Und genau genommen war es gleich eine Dreifachchance. In der 14. Spielminute setzte sich Lasogga an der rechten Angriffsseite der Hamburger im Strafraum der Fürther durch und legte zurück auf Calhanoglu. Hakan schoss sofort, traf aber nur den linken Außenpfosten. Der Ball sprang zu Jansen im linken Halbfeld des Fürther Strafraums, dessen Schuss durch ein Fürther Abwehrbein geblockt wurde. Dieser Abpraller flog aus dem Strafraum zu Arslan, dessen fulminanter Fernschuss zwar das Tor verfehlte, jedoch durch einen Abwehrspieler der Gastgeber zu einem Eckstoß für den HSV von dessen rechter Seite abgefälscht wurde. Van der Vaart, der gewöhnlich alle Ecken von dieser Seite ausführt, gelang eine gute Flanke. Lasogga konnte sich für einen Moment von seinem Gegenspieler in dessen Rücken absetzen. Der ohnehin im Vergleich zu Lasogga kleinere Fürstner sprang unter der Flanke hindurch. Lasogga hingegen traf den Ball mustergültig mit der Stirn. Sein Kopfball rauschte links oben in den Winkel. Für Hesl im Tor der Spielvereinigung blieb da keine Abwehrchance. Das 0:1 (14.) für den HSV war nicht nur für den weiteren Spielverlauf von Bedeutung, dürfte es doch zu einer gewissen Beruhigung der Nerven geführt haben. Noch viel wichtiger war, wie sich zeigen sollte, dass den Hamburgern damit ein Auswärtstor gelungen war. Somit stand schon früh fest, dass es weder eine Verlängerung noch ein Elfmeterschießen geben würde. Jedes Unentschieden, das war damit zementiert, hatte zur Folge, dass der Dino die Relegation schadlos überstehen würde. Dennoch wäre den Gastgebern beinahe postwendend der Ausgleich gelungen, aber ihr Fernschuss aus ca. 18 Metern verfehlte knapp links das erneut von Drobny tadellos gehütete Hamburger Gehäuse (15.). Es  blieb zunächst die einzige Torchancen für die Spielvereinigung.

Ab der 27. Spielminute folgten dann zunächst einige bange Minuten für die Hamburger. Djourou war bei einem Luftkampf mit einem Fürther unglücklich aber keineswegs spektakulär zu Boden gegangen und war plötzlich bewusstlos. Nach mehreren Minuten Behandlungspause wurde er mit Halsmanschette (vorsorglich) auf der Liege vom Platz getragen. Zum Glück stellte sich bei der nachfolgenden Untersuchung im Krankenhaus heraus, dass er „nur“ eine schwere Gehirnerschütterung erlitten hatte. Slomka musste also auswechseln und brachte für den Verletzten Mancienne.

Nach drei Minuten Unterbrechung konnte das Spiel fortgesetzt werden (30.). Die nächste, klare Torchance gehörte erneut den Hamburgern. Jansen, der wieder die linke offensive Außenbahn beackerte, lief diagonal von links nach rechts in den Strafraum der Gäste und legte den Ball mit der Hacke zurück auf Lasogga. Hamburger Torjäger schoss sofort, aber Hesl war blitzschnell am Boden und konnte den Schuss parieren (35.).

In der 40. Minute dann das erste Lebenszeichen des im Hinspiel noch überragenden Fürther Angreifers, Azemi. Dessen Schuss aus halblinker Position und 10 Metern verfehlte aber knapp rechts das Hamburger Tor. Drobny musste nicht eingreifen. Fünf Minuten später zog der Fürther Weilandt aus 17 Metern und ebenfalls halblinker Position ab, aber auch dieses Mal verfehlte der Schuss knapp sein Ziel. Ansonsten war von der hochgelobten Fürther Offensive überraschend wenig zu sehen, was man getrost auch als Kompliment für die Leistung des Dinos in der ersten Spielhälfte werten darf.

Zur Halbzeit war (auch) ich durchaus erleichtert, zumal ich einen gänzlich anderen Spielverlauf befürchtet hatte. Der HSV stand bis zu diesem Zeitpunkt defensiv erfreulich stabil und war die bessere Mannschaft bis zur Pause gewesen.

Nach Wiederanpfiff wirkten die Gastgeber etwas zielstrebiger, dennoch gehörte auch die nächste, eindeutige Torchance dem HSV: In der 52. Minute flankte Calhanoglu in den Sechzehner der Gastgeber. Lasogga drückte den Kopfball lehrbuchreif mit der Stirn zu einem schwer zu haltenden Aufsetzer, aber Hesl parierte diesen Ball überragend. Was für eine Chance!

Die 58. Minute sah Arslan völlig frei halbrechts kurz vor dem gegnerischen Strafraum stehend. Doch leider traf er den Ball ganz schlecht und so verfehlte sein Schuss klar das Tor. Fast im Gegenzug fußballerisch für mich die schönste Szene: Fürths Stieber erhielt den Ball in halbrechter Position an der Grenze des Hamburger Strafraums und zog mit Ball parallel zur Strafraumgrenze ins Zentrum. Hamburgs Linksverteidiger, Jiracek,  ließ sich dadurch locken und lief ebenfalls parallel. Fürstner lief im Rücken der Hamburger Innenverteidigung  diagonal, und Stieber hatte dann keine Mühe, an Mancienne vorbei Fürstner in dem entstandenen Abwehrloch zu bedienen. Letzterer konnte dann mühelos aus 7 Metern den Ausgleich für die Spielvereinigung erzielen. Das 1:1 in der 59. Minute.

Und dann kam, was ich befürchtet hatte. Plötzlich schien es vorbei mit jeglicher Hamburger Souveränität. Das angesichts der bis dahin eher harmlosen Offensivbemühungen ihrer Mannschaft relativ ruhige Fürther Publikum erwachte, die gastgebende Mannschaft witterte Morgenluft, und der HSV begann plötzlich zunehmend defensiv zu schwimmen. Nur drei Minuten nach dem Ausgleich musste Drobny einen sehenswerten Fernschuss der Gastgeber parieren (62.). Zum Glück wirkten die Fürther zunächst nur spielbestimmender, konnten sich aber noch keine weiteren, eindeutigen Torchancen herausspielen. Dass sich aber das Nervenkostüm der Hamburger zunehmend verschlechterte, dies sah man u.a. an einem vom Mancienne völlig unnötig verursachten Eckstoß für die Gastgeber (78.),  der aber zum  Glück für den HSV keine Fürther Torchance zur Folge hatte.

Kurz vor Ende der regulären Spielzeit warfen dann die Gastgeber in dem verzweifelten Bemühen, doch noch den Siegtreffer zu erzielen, alles nach vorne. In der 87. Minute hatten sie diesen praktisch auf dem Fuße, doch der HSV hat in dieser Saison „den Papst in der Tasche“. Westermann verstolperte den Ball im eigenen Strafraum zum Fürther Azemi. Dieser wollte dieses Geschenk zu einem weiteren, zentral und völlig frei im Hamburger Strafraum stehenden Mitspieler spielen, schoss sich aber wohl den Ball gegen das eigene Standbein, sodass ein Hamburger den Ball annehmen und diese brandgefährliche Situation gerade noch klären konnte. Was diesen Lapsus von Azemi verursacht hat – ehrlich gesagt, ich konnte es gar nicht genau sehen, da ich kurzfristig einen „Herzanfall“ überstehen musste. Diese Schlussphase war der finale Horror für jeden, der es gut mit dem Dino meint.

In der 90. Minute flankte Stieber einen Freistoß für die Gastgeber in den Hamburger Strafraum. Sukalos Kopfball konnte der erneut sehr sicher und souverän wirkende Drobny mit den Fingerspitzen über die Querlatte lenken. Die Nachspielzeit dauerte aus Hamburger Sicht eine gefühlte Ewigkeit. Hier zeigte sich m.E. erneut, dass es einigen jüngeren Spielern schlicht an Erfahrung fehlt. So versuchte sich bspw. Calhanoglu an einem Heber über Hesl, anstatt mit Ball zur Eckfahne zu laufen, dort einen Frei- oder Eckstoß zu provozieren, bzw. um dort in jedem Fall „Zeit von der Uhr“ zu nehmen. Bei allem Lob für eine gute Rückrunde Hakans – man darf nicht übersehen, dass es nicht zuletzt auch derartige schwere taktische Fehler vor allem auch von Arslan und Calhanoglu waren, die den HSV die reguläre Saison mit einer desaströsen Bilanz von nur 27 Punkten abschließen ließen. Am Ende pflückte Drobny erneut ganz sicher eine Flanke der Gastgeber aus der Luft. Dann hatte Kircher ein Einsehen und pfiff die Begegnung ab.

Schiedsrichter: Kircher (Rottenburg). Beruhigte die Gemüter angesichts der überragenden Bedeutung der Partie für beide Mannschaften. Souverän.

Fazit: Die Spielvereinigung Greuther Fürth war für mich in 120 von in der Addition gespielten 180 Minuten die bessere Mannschaft. Die Mannschaft hat, auch wenn sie kurz vor Schluss den Aufstieg verpasst hat, eine großartige Saison gespielt. Ein Kompliment an Trainer Frank Kramer und die ganze Fürther Truppe. Wenn man ihnen einen (kleinen) Vorwurf machen kann, dann den, dass sie im Hinspiel in Hamburg nicht mindestens einen Treffer erzielt haben, obwohl sie dort klar überlegen wirkten. So profitiert der HSV von der Auswärtstor-Regel und bleibt, obwohl ihm erneut kein Sieg gelang, der Dino der ersten Liga. Lasogga, dessen Verbleib beim HSV ich für sehr,  sehr unwahrscheinlich halte, geht somit in die Annalen des Vereins als der Retter ein.

Ein großes Kompliment erneut an Jaroslav Drobny. Seinerzeit als Stammtorhüter oft genug auch vom eigenen Anhang geschmäht, war er in beiden Relegationsspielen ein absolut souveräner Ruhepol und blieb fehlerfrei. In diesem Fall war es goldwert, dass sich der HSV den Luxus einer finanziell nicht günstigen 1b-Lösung auf der Bank gönnte.

Ein weiteres Kompliment möchte ich all den Spielern des Hamburger Sportvereins machen, die man bereits „aussortiert“ hatte, und mit denen der Verein z.T. haarsträubend umgesprungen ist. Gemeint sind: Rajkovic (Weiter gute Besserung, Boban!), Mancienne, aber auch Tesche. Sie, die (menschlich gesehen!) kaum einen Anlass hatten, sich für diesen Verein noch ins Zeug zu legen, waren da, als sie gebraucht wurden. Wer hier noch von charakterlosen Söldnern spricht oder schreibt, der sollte sich schämen.

Und natürlich gilt mein Dank auch den Spielern, z.B. Jansen, Rincon, Lasogga und van der Vaart, für die dieses Spiel möglicherweise der letzte Einsatz mit der Raute auf der Brust war.

Das größte Kompliment möchte ich aber dem Trainer,  Mirko Slomka, machen. Im Grunde erst geholt, als es schon fast zu spät war, mit einer Kaderzusammenstellung konfrontiert, für die andere vor ihm verantwortlich sind, und mit einer Mannschaft, die in allen Belangen, sowohl taktisch als auch konditionell, erhebliche Defizite aufwies. Er hat vieles, vieles richtig gemacht. Der abenteuerliche, peinliche Unsinn mit dem s.g. Geistheiler sei ihm verziehen.

„Was glaubst Du, wird der HSV den Abstieg noch vermeiden können?“, das ist wohl die Frage, die mir in den vergangenen Wochen am häufigsten gestellt wurde. Ich fand es regelmäßig problematisch, darauf zu antworten, da mir grundsätzlich die Kraft des positiven (und negativen) Denkens bewusst ist. Zudem waren die Leistungen der Mannschaft in den vergangenen Wochen alles andere als geeignet, um immer noch eine begründete, optimistische Prognose abzugeben. Optimismus braucht schließlich eine Grundlage, will man nicht als notorischer Schönredner missverstanden werden. Meine Antwort lautete daher: „wenn sie es doch noch schaffen sollten, dann hoffe ich darauf, dass der Abstieg wirklich erst in der Schlussphase des Rückspiels der Relegation vermieden wird! Denn dann, aber auch erst dann!, dürfte der eine oder andere rund um den Verein, der noch in einer Fantasiewelt lebt und die Realität beharrlich leugnet, vielleicht endlich, endlich begreifen, dass es so einfach nicht mehr weitergehen kann…“.  Nun, der Horror dieser Saison hat ein Ende und Teil eins meines Wunsches wurde erhört. Ob das jetzt tatsächlich dazu führt, dass ein Teil der Träumer erwacht, wage ich zu bezweifeln. Alle anderen aber, die nicht im Wolkenkuckucksheim leben, dürfte die Teilnahme des HSV an der Relegation und deren Verlauf noch einmal eindringlich vor Augen geführt haben, dass sich beim Dino Vieles verändern muss, andernfalls wäre das Aussterben des letzten seiner Art nur um ein Jahr aufgeschoben.

Der HSV muss, so denn die Verpflichtung von Lasogga scheitern sollte, dringend einen Ersatz finden. Rudnevs  kehrt bekanntlich zurück. Er, Zoua und Maggio werden es, sofern man denn überhaupt mit ihnen plant, offensiv nicht richten können. Bei Arslan muss jetzt dringend der nächste Schritt folgen. Stabilisiert er seine Leistung nicht im ersten Halbjahr der kommenden Saison, bzw. gewöhnt sich gewisse Mätzchen endgültig ab, dann muss in der kommenden Winterpause Klartext gesprochen werden… Überhaupt sollte man über beide Stammsechser, Badelj und Arslan,  gründlich nachdenken. Wenn Skejlbred ebenfalls zurückkehren sollte, dann sollte man m.E. mindestens ihm eine ernsthafte Chance im zentralen (defensiven) Mittelfeld einräumen, anstatt ihn auf der rechten offensiven Außenbahn verhungern zu lassen. Bei Hertha BSC hat er hinlänglich bewiesen, dass er dort spielen kann. Da alle personellen Überlegungen unter dem Vorbehalt ihrer finanziellen Realisierbarkeit stehen, sollte man vielleicht nicht so sehr in die Ferne schweifen. Gerade in derartigen Zeiten bräuchte man ansonsten ein gutes Scouting. Der HSV aber, dies war zuletzt mehrfach zu vernehmen, spart auch hier…

Ich meine, dass inzwischen unstrittig sein dürfte, dass die Gestaltung der Saisonvorbereitung (Sommer und Winter) keineswegs optimal verlaufen ist. Der HSV braucht eindeutig mehr Geschwindigkeit in seinem Spiel. Ich denke, man sollte unbedingt mindestens mittelfristig Slomka vertrauen und die (nicht nur aber auch) für die Grundlagenausdauer so eminent wichtige Sommervorbereitung durchziehen lassen. Die Mannschaft braucht nicht nur allem Anschein nach eine andere Vorbereitung und die ein oder andere personelle Veränderung, sondern sie braucht endlich einen Trainer, der ihr seine Handschrift und damit eine klare Spielidee über längere Zeit so vermitteln kann, dass sie absolut verinnerlicht und damit auch unter (Wettkampf-)Stress abrufbar bleibt. Der HSV 2013/14 spielte nicht Fisch, nicht Fleisch, also genau jene fatale, unsichere Mixtur, die diverse Trainer der letzten Jahre mit ihren jeweils höchst unterschiedlichen Vorstellungen hinterlassen haben.

Der Dino ist dem Tod gerade noch einmal von der Schippe gesprungen. Viele, viele fatale, z.T. groteske Fehlentscheidungen der Verantwortlichen haben ihn mit mehr als einem Bein an den Rand des Aussterbens gebracht. Das ist vor allem vom HSV selbst verschuldet. Ich werde mich hier in den kommenden Tagen ausführlich mit alle jenen beschäftigen, die aus meiner Sicht den einstmals großen HSV an den Rand des Ruins abgewirtschaftet haben. Diese beschämende Spielzeit gemahnt den Hamburger Sportverein zu Demut und zu ernsthafter, schonungsloser Selbstkritik. Der HSV hat einmal mehr nur Glück, viel, viel Glück gehabt, dass der Dilettantismus auf allen Ebenen des Vereins nicht den im Grunde absolut verdienten Absturz in die Zweitklassigkeit zur Folge hatte. Die Wahrheit scheint mir: der Dino ist längst eine graue Maus, die zudem seit Monaten den Spielern keine Gehälter mehr hätte bezahlen können, hätte man nicht die Mittel der s.g. Campus-Anleihe im Grunde zweckentfremdet. Mit dem Klassenverbleib wurde das grundsätzliche Desaster dieser Saison lediglich in Grenzen gehalten. Doch davon mehr an einem anderen Tag.

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